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Am Ende des Zweiten Weltkriegs: Im Gefühl des sicheren Sieges

Antony Beevor erzählt das Debakel von Arnheim.

Fast jeder große bekannte Feldzug der dreißiger und vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts spiegelt sich in den international hochgelobten Werken von Antony Beevor. Vor vier Jahren beeindruckte er mit seiner Geschichte der Ardennen-Offensive im Winter 1944/45, der letzten der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Jetzt folgt seine Erzählung des Kampfes um Arnheim und die Brücken über den Rhein 1944.

Für Beevors Landsleute ist mit dem Namen der Stadt Arnheim bis heute eine Tragödie verbunden. Nach der erfolgreichen Landung in der Normandie und der Befreiung Frankreichs hatten die Alliierten im Spätsommer 1944 der Wehrmacht nicht mehr viel zugetraut. Bis Weihnachten sollte Hitler besiegt sein. Dazu sollten im niederländischen Arnheim Tausende britische Fallschirmjäger einen Brückenkopf über den Rhein errichten, um den nachfolgenden Divisionen von Panzern und Infanterie das Tor nach Deutschland aufzustoßen und damit dem Nazi-Regime den Rest zu geben.

Gegen jegliche Logik

Doch die „Operation Market Garden“ scheiterte. Bereits ihr Grundkonzept verstieß nach Beevors Urteil gegen militärische Logik: Weder wurde berücksichtigt, dass etwas fehlschlagen konnte, noch erwogen, welche Reaktion von den Deutschen zu erwarten war. Militärisch bestraft wurden aber nicht nur die britischen Fallschirmjäger von einer erbittert kämpfenden Wehrmacht, die ihnen hohe Verluste beibrachte – nach deutschen Angaben 1500 Tote und 6458 Gefangene. Entsprechend stark schadete dies der Moral der Briten. Doch bei den Niederländern im Kampfgebiet, die sich bereits von der deutschen Besatzung befreit gesehen hatten, war es weit mehr als die Moral, was angeschlagen war.

Ein Brief an Winston Churchill

Am 28. September 1944 schrieb der Chef der niederländischen Exilregierung in London einen Brief an Winston Churchill: „Viele streikende Eisenbahner und Angehörige der Widerstandsbewegung sind oder werden exekutiert, gegen ihre Familien werden härteste Vergeltungsmaßnahmen angewandt. In den Großstädten herrscht Hunger. Die Deutschen zerstören weitgehend alle Hafenanlagen, Werften, Fabriken, Kraftwerke, Brücken etc.“

Erst als am 24. März 1945 die Alliierten bei Wesel den Rhein überschritten hatten, konnte das, was von Arnheim übrig war, endgültig befreit werden. Doch in den übrigen Niederlanden, die bis zum Ende des Krieges besetzt blieben, hungerten 3,6 Millionen Menschen durch die Bestrafungspolitik der Deutschen, denen in Arnheim einer ihrer letzten Siege gelungen war. Die Wehrmacht kapitulierte in den Niederlanden erst am 5. Mai 1945, fünf Tage nach Hitlers Selbstmord.

Antony Beevor. Arnheim. Der Kampf um die Brücken über den Rhein 1944. Aus dem Englischen von Helmut Ettinger. C. Bertelsmann Verlag, München 2019. 543 S., 28 €.

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