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Waals Arbeiten werden gerade parallel auf der Biennale von Venedig gezeigt.

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Literatur wird zur Skulptur: Künstler Edmund de Waal würdigt Schriftsteller Robert Walser

Robert Walser gilt als genial und verschroben. Der britische Kunststar Edmund de Waal spürt dem Werk des Schriftstellers in der Galerie Max Hetzler nach.

Es geht nicht anders: Wer sich mit der Arbeit von Edmund de Waal auseinandersetzt, der landet unweigerlich bei dem abgegriffenen Bild von der Sprache als Gefäß. In jedem Wort ist sowohl seine Geschichte aufgehoben als auch die Vielfalt möglicher Interpretation.

Der Künstler de Waal ist mitnichten ein Töpfer, wenn er wie jetzt beide Orte der Berliner Galerie Max Hetzler mit schlichten schwarzen oder weißen Gefäßen und hauchdünnen Porzellantafeln füllt. Eher der Schöpfer komplexer Installationen, die die Relation zwischen den Objekten und den Worten thematisieren.

„A Sort of Speech“ heißt diese große, sehenswerte Schau des britischen Künstlers, dessen Arbeit parallel gerade auf der Biennale von Venedig gezeigt wird. Sprechend aber, wie es der mit Bleistift auf die weißen Wände der Galerie geschriebene Titel nahelegt, sind die Objekte nicht – jedenfalls nicht mit Blick auf all jene Worte und Sätze, die sich auf den Täfelchen in den Vitrinen finden.

Man kann sich noch so anstrengen, die arabesken Schwünge bleiben unleserlich. Dass de Waal hier dem so genialen wie verschrobenen Schriftsteller Robert Walser huldigt, erzählt das Leporello zur Ausstellung.

„Mikrogramme“ hat Walser seine Aufzeichnungen aus den 1920er Jahren genannt, die sich nur mit einer Lupe entziffern ließen. Eine Kleinschrift „aus dem Bleistiftgebiet“ (Walser), in dem nun auch der töpfernde Künstler umhergeht, um konzentrierte Arbeiten wie „im Waldau, I“ zu schaffen – ein Hinweis auf die Heilanstalt, in der Walser mehrere Jahre verbrachte.

Fülle und Leere

Man braucht dieses Wissen nicht, um sich die weitläufigen Ausstellungen zu erschließen. Ihre Regale und Vitrinen deklinieren die Möglichkeiten von Fülle und Leere, Rhythmus und Material.

Es sind einfache, dabei hoch- – und manchmal fast schon zu – ästhetische Arrangements. De Waal, der seine filigranen Porzellanobjekte als „Gestalt“ versteht, die „vor allem Atem enthält, ein Raum für die Luft, die für mich Atem ist“, komponiert sparsam, verwendet Stahl, Marmor, Porzellan und Gold.

[Galerie Max Hetzler, Goethestr. 2/3 und Bleibtreustr. 45; bis 2. 11., Di–Sa 11–18 Uhr]

Und allen Installationen scheint eingeschrieben, dass sich hier einer Gedanken über das Wissen macht: darüber, wie Texte oder Gefäße entstehen, was sie bergen und welche Bedeutung ihnen als Urzeichen von kultureller Produktion zukommt.

Der Künstler schreibt selbst Bücher, seine Familiengeschichte „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ hat ihn 2010 weit über die Kunstszene hinaus bekannt gemacht.

Wenn er in der zweiten Einzelausstellung bei Hetzler Schrift und Skulptur zu autonomen Arbeiten verbindet, verweist de Waal auf die Verwandtschaft zwischen den Disziplinen. „Text can be sculpture, sculpture a sort of speech“, hat er zu den Arbeiten notiert.

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