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Erste unter Gleichen. Lisa Batiashvili.

© Paul Zinken/dpa

Lisa Batiashvili spielt in der Staatsoper: Der großartige Kitsch von Camille Saint-Saëns

Das Œuvre des Romantikers Camille Saint-Saëns wird selten aufgeführt. In der Staatsoper versuchen sich Lisa Batiashvili und Daniel Barenboim an seinem Werk.

Obwohl Camille Saint-Saëns ein in Umfang und Qualität beachtliches Œuvre schuf, ist der Ewigromantische nur selten auf den Programmzetteln zu finden: Der „Karneval der Tiere“, die Oper „Samson et Dalila“, vielleicht noch der furiose „Danse macabre“ – viel mehr ist von „dem mit dem Schwan“ nicht geblieben.

So ist es schon grundsätzlich erfreulich, dass Daniel Barenboim und seine Staatskapelle den Abend mit Saint-Saëns’ drittem Violinkonzert beginnen. Im Vergleich zu den zeitgenössisch populären Technikfeuerwerken im Stil Niccolò Paganinis gestaltet Saint-Saëns die Solopartie geradezu schlicht.

Die Magie der 1880 vollendeten Partitur entfaltet sich aus einer passgenauen, melodiegeleiteten Verzahnung von Orchesterapparat und Solovioline, mit Momenten äußerster Zärtlichkeit bis hin zu schonungsloser Selbstzerfleischung.

Lisa Batiashvili, beliebter Gast in der Staatsoper, ist an diesem Abend die Erste unter (fast) Gleichen. Auf einer Guarneri von 1739 zeigt sie einen wunderbar flexiblen Ton: anpackend und mit zackiger Virtuosität im Hauptthema des Kopfsatzes, zart fließend im elegischen Fortgang. Die so wichtige Zusammenarbeit mit der schmal besetzten Staatskapelle klappt freilich nicht auf Anhieb.

Im ersten Satz haben die Musiker hörbar Schwierigkeiten, die feine Phrasierung Batiashvilis aufzunehmen, auch die etwas irrlichternden Hörner überzeugen nicht.

Reine Verheißung

Erst zum Ende des zweiten Satzes hin finden beide Seiten zusammen: Wie die Staatskapelle Batiashvilis Flageolettspiel – einige Oktaven tiefer gestützt von fein grundierenden Klarinetten – in einen seidendünnen Streicherklang hüllt, ist reine Verheißung. Auch das finale Rondo kommt, wie es soll: zackig, ruppig, akzentuiert.

[Barenboim dirigiert eine „Samson et Dalila“-Neuinszenierung am 24. November.]

Dann folgt Saint-Saëns’ dritte Sinfonie. Unter der straffen Führung Barenboims kommt die sogenannte Orgelsinfonie den Musikern ungleich homogener von den Fingern. Schon die ersten Takte des Kopfsatzes macht die Staatskapelle zu einem wahren Abenteuer changierender Klangfarben und dynamischen Ausdrucks.

Explosiv-romantische Abgründe öffnen sich im Allegro moderato und Scherzo, im Poco adagio bieten die warmen Orgelklänge Christian Schmitts den Musikern Grundlage für transzendentes Sehnen. In der exorbitant-auswuchernden Grandezza des Maestoso bleibt schließlich ein Gefühl zurück: Was für ein großartiger Kitsch.

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