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Katarzyna Wielga-Skolimowska, bisherige Leiterin des Polnischen Kulturinstituts in Berlin.

© Polnisches Kulturinstitut

Leiterin des Polnischen Kulturinstituts entlassen: Zu viele jüdische Themen, zu wenig Stolz

Katarzyna Wielga-Skolimowska muss gehen. Zuvor war der Druck seitens des polnischen Außenministeriums gestiegen. Der Protest gegen die Entscheidung ist groß.

Auf der Website des Polnischen Kulturinstituts in Berlin klafft eine Lücke. In der Zeile, in der eigentlich der Name des Chefs stehen müsste, folgt auf „Direktorin“ – nichts. Katarzyna Wielga-Skolimowska, die engagierte Leiterin jenes Hauses, das sich unermüdlich um den deutsch-polnischen Dialog verdient macht, ist abberufen worden, ohne Nennung von Gründen und ohne jede Vorankündigung. Nicht einmal von ihren Mitarbeitern hatte sie sich verabschieden dürfen. Drei Jahre war sie am Haus tätig.

Nun protestieren Kulturschaffende aus Berlin und über die Stadt hinaus. Initiiert von der Programmdirektorin des Jüdischen Museums, Cilly Kugelmann, geben sie in einem offenen Brief ihrer „Bestürzung“ und „Irritation“ über die plötzliche Abberufung Ausdruck und schreiben von einer „nicht nachvollziehbaren Entscheidung“. Sie ist ein besonders kommunikatives Talent, sagte Kugelmann dem Tagesspiegel: „Ihre Stärke war vor allem, dass sie das Bild eines jungen, aufgeweckten Landes vermittelt, das bereit ist, sich mit seiner Geschichte zu befassen. Unterzeichnet haben den Brief unter anderem Thomas Oberender, Leiter der Berliner Festspiele, Shermin Langhoff, Intendantin des Maxim Gorki Theaters, Thomas Köhler, Direktor der Berlinischen Galerie, Uwe Neumärker von der Stiftung für die ermordeten Juden Europas, Hermann Simon vom Centrum Judaicum und Thomas Sparr (Suhrkamp). Adressat sind der polnische Botschafter in Berlin, Andrzej Przylebski, und der polnische Außenminister Witold Waszczykowski.

Der Botschafter hatte die Kulturmanagerin in einem internen Bericht scharf kritisiert. Nach Informationen der „taz“, der der Bericht vorliegt, bemängelte er eine übermäßige Beschäftigung mit polnisch-jüdischen Themen und warf Wielga-Skolimowska vor, die falschen Gäste einzuladen. Bildende Künstler und Avantgardemusiker hätten nichts Überzeugendes zur Situation in Polen zu sagen. „Die blinde Nachahmung nihilistischer und hedonistischer Trends führt zivilisatorisch zu nichts Gutem“, hieß es in der Bewertung.

Die polnische Regierung will Stolz statt Scham

Zwar bestritt das Warschauer Außenministerium den Vorwurf, Grund für die Entlassung sei die verstärkte Beschäftigung mit jüdischen Themen. Aber die interne Bewertung hebt hervor, dass vor allem Deutschland hier „nicht die Rolle eines Mediators bekommen sollte“. Die nationalkonservative PiS-Partei fordert ohnehin weniger Beschäftigung mit jüdischen Themen: So möchte Parteichef Jaroslaw Kaczynski schon länger, dass die Erziehung „nicht mehr auf Scham“ aufbaut, sondern auf Würde und Stolz. Kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und Gegenwart ist nicht erwünscht, Patriotismus und Nationalismus gefragt. Kulturminister Piotr Glinski forderte kürzlich mehr Kulturprojekte, die die Polen mit Stolz auf ihre Geschichte erfüllen.

Mit der Abberufung hat die immer rigidere polnische Kulturpolitik Berlin erreicht. Im Sommer hatte Wielga Skolimowska im Tagesspiegel-Interview gesagt, dass es neue Prioritäten für die Auslandskulturarbeit seitens der Regierung gäbe. Dies sei aber nichts Ungewöhnliches. „In der Kultur halten wir am Dialog fest, auch und gerade dann, wenn es in der Politik divergierende Positionen gibt“, so die Kulturmanagerin.

Auch andere polnische Kulturinstitute werden zunehmend gemaßregelt. In etlichen Ländern sind dieses Jahr Institutsleiter entlassen worden. Das Wiener Kulturinstitut wurde genötigt, seine Zusammenarbeit mit dem österreichischen Osteuropaexperten und PiS-Kritiker Martin Pollack zu beenden. (mit dpa)

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