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Auch 2021 werden nach der Absage auf der Leipziger Buchmesse nurmehr die Fahnen vor der Messehalle wehen.

© imago images/STAR-MEDIA

Leipziger Buchmesse abgesagt: Für Frankfurt scheint das Prinzip Hoffnung zu gelten

Die Absage der Leipziger Buchmesse ist eine kluge Entscheidung. Sie könnte und sollte Signalwirkung auf andere kulturelle Großevents haben. Ein Kommentar.

Diese Absage kommt etwas überraschend, ist aber angesichts der weiterhin unübersichtlichen Pandemie-Lage gleichermaßen konsequent wie weitsichtig. Die Verantwortlichen der Leipziger Buchmesse haben am Freitag verkündet, ihre Messe nach 2020 ein weiteres Mal abzusagen; eine Ausgabe, die vergangenes Jahr ohnehin schon vom traditionellen Termin im März in den Frühsommer verschoben worden war, auf den 27. - 30. Mai.

„Die pandemische Entwicklung und die damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen und Reisebeschränkungen machen eine weitere Planung der Leipziger Buchmesse für Aussteller:innen, Programmteilnehmer:innen und die Leipziger Messe unmöglich“, heißt es in der Begründung.

Abgesagt werden damit auch parallel in den Messehallen stattfindende Manga-Comic-Con, die Antiquariatsmesse und zu großen Teilen auch das Lesefestival „Leipzig liest“ mit seinen zahlreichen Veranstaltungen in Leipzigs Innenstadt.

Dies ist eine klare, verantwortungsbewusste Entscheidung, zumal eine Veranstaltung mit mehr als 100.000 Gästen selbst im günstigsten Pandemie-Fall eine Illusion gewesen wäre. Doch auch mit einem noch so ausgeklügelten Hygiene-Konzept ist selbst eine verkleinerte Messe nicht frei von Infektionsrisiken, lebt eine Messe wie die Leipziger nun einmal von einem trauten Zusammenkommen.

Für die Buchbranche ist die Absage ein erneuter Schlag

Vermutlich verdankt sich die frühzeitige Absage den Erfahrungen des vergangenen Jahres, als man sehr lange an der Messe festzuhalten versuchte. Und als vor allem die Frankfurter Buchmesse nicht von ihren Plänen für eine Präsenzmesse ablassen wollte – um Woche für Woche härter mit der Pandemie-Realität konfrontiert zu werden. Am Ende gab es Mitte Oktober in Frankfurt ein traurig wirkendes digitales Messchen.

Für die Buchbranche, die 2020 zwar überstanden hat, aber doch mit ökonomischen Schrammen, ist diese Absage ein weiterer Schlag: für die Verlage, die ihre Bücher und Autor*innen in das riesige, von allen, auch literaturfernen Medien intensiv wahrgenommenes Messe-Schaufenster stellen; erst recht für die Autorinnen und Autoren, die ein weiteres schwieriges Jahr vor sich haben, gerade diejenigen, die neue Bücher veröffentlichen und auf Präsenzveranstaltungen angewiesen sind.

Dazu kommt, dass ein Shutdown bis zu den Osterferien nicht ausgeschlossen ist, was den Buchhandlungen in den meisten Bundesländern (außer Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt) trotz ihrer Abholservice-Angebote weiter zu schaffen machen wird. Auch die Frankfurter Buchmesse 2021 dürfte kaum die Veranstaltung sein, die sie vor der Corona-Krise war – wenn sie nicht ebenfalls wieder abgesagt werden muss.

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Das aber scheint ungeachtet aller Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr außer Frage zu stehen. So sagte der Frankfurter Buchmessendirektor Jürgen Boos in einer Stellungnahme zur Absage der Leipziger Buchmesse: „Mit Blick auf Oktober empfinden wir eine besondere Verantwortung, die Branche zu unterstützen und Sichtbarkeit für das Buch zu schaffen. Wir planen die Frankfurter Buchmesse vom 20. bis 24. Oktober 2021 auf dem Messegelände einschließlich digitaler Angebote. Wir gehen davon aus, dass sich die Pandemiesituation bis dahin entscheidend verändert haben wird.“

Diese gute Hoffnung haben bekanntlich alle. Aber wäre es nicht besser, realistischer, gar ökonomischer, mit allen Unwägbarkeiten zu rechnen und etwas mehr Weitsicht walten zu lassen?

Die rechtzeitige Absage der Leipziger Buchmesse könnte überdies auch auf andere kulturelle Großveranstaltungen Signalwirkung haben, nicht zuletzt im Verein mit der Entscheidung des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg, große Berliner Events wie das MyFest, den Karneval der Kulturen und das LesBiSchwules Parkfest abzusagen.

Seit Monaten laufen die Planungen für das "Hurricane"-Festival

Zum Beispiel auf die Berlinale, die ja plant, ihre Filme im Sommer wie üblich einem Publikum aus aller Welt zu zeigen. Ob diese Berlinale wirklich stattfinden kann? Oder auf die vielen Pop- und Rockfestivals in Deutschland. Deren Organisatoren und Organisatorinnen scheinen weit davon entfernt, über Absagen überhaupt nachzudenken.

Wie heißt es auf der Website des im niedersächsischen Scheeßel mit 70.000 Popfans stattfindenden „Hurricane“-Festivals, dieses Jahr vom 18. - 20. Juni: „Alle Planungen für das Hurricane 2021 laufen bereits seit Monaten“. Man werde, „egal wie’s kommt“, „gute Lösungen“ finden. Und arbeite „in einer branchenweiten und von Experten begleiteten Taskforce an einem bundesweit abgestimmten Hygiene- und Infektionsschutzkonzept“.

Nicht anders sieht das bei den Groß-Festivals „Rock am Ring“ und „Rock im Park“ aus, beide eine Woche vor dem Hurricane anberaumt; da herrscht auf der Website business as usual; nur das 130.000 Menschen ihre Tickets von2020 auf 2021 haben umschreiben lassen, wird verkündet. Ausverkaufte Festivals also. Die Veranstalterinnen des „Fusion“-Festivals in Mecklenburg Vorpommern wiederum haben immerhin vorgesorgt und ihr Festival Ende Juni auf zwei Wochenenden mit jeweils 35.000 Fans verteilt.

Ob es hinhaut? Man muss skeptisch sein. Auch dieser Festivalsommer könnte Corona komplett zum Opfer fallen. Und die Buchbranche? Stellt sich erst einmal, so ist es für Leipzig Ende Mai geplant, auf eine weitere Messe im digitalen Raum und ein paar kleine ausgewählte Live-Veranstaltungen ein.

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