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Der Chef räumt auf. Ohne Tarzan (Alexander Skarsgard) wären die Eingeborenen aufgeschmissen.

© Warner

"Legend of Tarzan": eine Kritik aus afrikanischer Perspektive: Warum muss immer der weiße Retter her?

Zahme Löwen (aber nur gegenüber Tarzan). Wilde Eingeborene (aber hilflos im Dschungel). Ein historischer Held (aber als Witzfigur): "Legend of Tarzan" verewigt Uralt-Klischees - über 50 Jahre nach der Unabhängigkeit Afrikas.

Ja, „Legend of Tarzan“ könnte ganz lustig und unterhaltsam sein, wenn man nur auf Alexander „Tarzan“ Skarsgårds Bauchmuskeln und sein grüblerisches Gesicht glotzt. Aber der Inhalt, die Story? Heute einen Film zu drehen, der Afrika noch immer als wilden prähistorischen Ort zeichnet und am Stereotyp des weißen Retters festhält, finde ich rückschrittlich.
Den ganzen Film hindurch ist Tarzan dieser Held, der seine Frau Jane (Margot Robbie) und die Sklaven vor dem Schurken Leon Rom (Christoph Waltz) rettet. Er wird aufgebaut als König des Dschungels, als hätte Afrika – hier Belgisch-Kongo – nicht seine eigenen Helden. Wie wäre es, mal von afrikanischen Helden zu erzählen, wenn man einen Film über Afrika drehen will? Etwa die Geschichte des Pan-Afrikaners und Symbols des afrikanischen Unabhängigkeitskampfs, Patrice Lumumba, damit das Porträt Afrikas besser in unsere Zeit passt?

Samuel L. Jackson: bloß ein lustiger Sidekick

Samuel L. Jackson ist zwar, als George Washington Williams, dabei, aber eher als Alibi für die problematische rassistische Perspektive des Films. Dieser einflussreichen Figur, die Politiker, Anwalt, Journalist und Autor von Werken über die afroamerikanische Geschichte war, wird „Legend of Tarzan“ in keiner Weise gerecht. Williams kämpfte im amerikanischen Bürgerkrieg und war ein großer Verfechter der Menschenrechte – in der Darstellung von Samuel L. Jackson aber wird er zur Witzfigur. Er bleibt der Sidekick Tarzans, der es mit dessen Kondition und Tempo nicht aufnehmen kann; einmal muss er sich von ihm sogar huckepack tragen lassen. Tarzan bleibt immer der Chef, auch gegenüber den genauso flinken Eingeborenen, die mit ihm die gefangenen Sklaven befreien.
Der Film versucht auch, die Verstrickung des Königs Leopold im Belgisch-Kongo des späten 19. Jahrhunderts zu erfassen – aber wie soll man sich durch ihn ein Bild der afrikanischen Geschichte und der Ausmaße von Leopolds furchtbaren Verbrechen machen? „Legend of Tarzan“ steht nur einmal mehr für die eurozentrische Tradition rassistischer Herabwürdigung Afrikas und der Verdrehung der tatsächlichen Fakten.

Der kolonialistische Stempel: Schwarze sind ohne Weiße hilflos

Im Film lässt König Leopold durch seinen Abgesandten Leon Rom Afrikaner töten und versklaven und eine neue Bahnlinie bauen, um mit weiteren Truppen seine Macht über den Kongo zu festigen. Und dagegen soll also ein britischer Aristokrat helfen, der von Affen aufgezogen wurde und deshalb den Dschungel beherrscht? Und: Ausgerechnet so jemand soll die Afrikaner retten, die zwar seit Urzeiten in Afrika leben, aber merkwürdigerweise mit dem Dschungel nicht so zurechtkommen wie Tarzan? So ist das immer wieder erzählt worden: Schwarze können kein einziges Problem in ihren Ländern lösen, es sei denn, Weiße greifen ein.

Chef im Dschungel. Tarzan im Clinch mit dem Oberaffen.
Chef im Dschungel. Tarzan im Clinch mit dem Oberaffen.

© Warner

„Legend of Tarzan“ ist – mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Erlangung der Unabhängigkeit – voll von derart ausgelaugten Klisches über Afrika und die Afrikaner, bis hin zu blut- und rachedurstigen Clanchefs (Djimon Hounsou). Ein weiteres Problem der Tarzan-Figur insgesamt – erfunden übrigens von einem Autor, der in seinem Leben nie in Afrika war – ist die Fähigkeit, zu Tieren zu sprechen. Diese Fantasie verstellt den Blick auf Afrika. Muhammad Ali spottete einmal: „Die Afrikaner waren jahrhundertelang in Afrika und können nicht mit Tieren sprechen, aber Tarzan, aufgezogen von irgendeiner Ziege. der kann das.“

Okay, ihr Westler: Haltet ihr etwa Bären als Haustiere?

Auch begegnet Tarzan im Film Löwen, von denen Jane sagt, er kenne sie seit seiner Kindheit, und Tarzan und die Tiere grüßen sich. Hmm. Da wird so getan, als könnten wilde Tiere in Afrika überall frei herumlaufen, als hätten sie mit Menschen eine Art Kumpel-Beziehung. Einmal taucht sogar ein Mann mit einem Krokodil an der Leine auf, als wär's sein Haustier. Sogar heute noch fragen Leute mit einer verdrehten Vorstellung von Afrika oft, ob wir Löwen oder Elefanten als Haustier halten. Okay, haben die Leute im Westen Bären zu Hause? Eine intelligente Metapher allerdings gibt es in „Legend of Tarzan“, von Anfang an. Leon Rom, der skrupellose Vertreter des patriarchalischen Kolonialismus, schwingt einen schicken Rosenkranz, den er als tödliche Waffe benutzt. Das zeigt, dass die Gewalt bei der Kolonisierung Afrikas nicht immer nur aus den Gewehrläufen kam, sondern dass die katholische Kirche, durch Gottesdienste und Schulen, den Kolonialismus unterstützte und voranbrachte. Einmal zerbricht Tarzan sogar das Perlenband des Rosenkranzes mit seinen kräftigen Nackenmuskeln: Würde mich interessieren, was die Katholiken dazu sagen.

Cecilia Kamuputa, Reporterin aus Harare, Zimbabwe, arbeitet derzeit als Austauschstipendiatin des Internationalen Journalisten-Programms (IJP) beim Tagesspiegel in Berlin. Für ihr Heimatmedium Alpha Media Holdings schreibt sie vor allem über Kultur und Wirtschaft. – Übersetzung aus dem Englischen: Jan Schulz-Ojala

Die Rezension des Filmes lesen Sie hier.

Von Cecilia Kamuputa

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