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Darwan (Ben Kingsley) und Wendy (Patricia Clarkson).

© Almode/dpa

"Learning to Drive" von Isabel Coixet: Zwischen Lenkrad und Lebensweisheit

Zart: Isabel Coixets „Learning to Drive“ nimmt eine Krise als Auslöser für den Weg zur Befreiung. Vor allem Ben Kingsley überzeugt mit großen Spielfreude als Fahrlehrer Darwan.

Mit einem Output von mehr als einem Film pro Jahr ist die in Katalanien geborene Isabel Coixet eine der produktivsten Regisseurinnen des internationalen Kinos. Schon 2008 hatte die Spezialistin für psychologische Dramen in der Verfilmung eines Philip-Roth-Romans Ben Kingsley und Patricia Clarkson gemeinsam auf die Leinwand gebracht. Jetzt begegnen sie sich wieder – in einer Emanzipationskomödie, die sich als frauenbewegte Replik auf den bereits damals von Coixet uminterpretierten Altherrenstoff versteht. Clarkson, in „Elegy“ nur Ersatzgeliebte neben Penélope Cruz, ist nun die professionell erfolgreiche Hauptfigur. Kingsley dagegen, damals Professor, wird zum Fahrlehrer, darf sich aber charakterlich stark verbessern.

Wie oft in der Komödie ist eine Krise Auslöser des Wegs zur Befreiung. Die New Yorker Literaturkritikerin Wendy wird von ihrem Ehemann unfein für eine Jüngere sitzengelassen und sieht neben emotionaler und materieller Sicherheit auch ihre Mobilität in Bedrängnis. Denn die privat leicht verhuschte Frau hat es bisher nicht zum Erwerb einer Fahrerlaubnis gebracht – ernstes Handicap beim Verlassen des New Yorker Stadtgebiets (nicht nur) für die Besuche bei der ökolandwirtelnden Tochter.

Hier kommt Darwan ins Spiel, ein Taxifahrer und Fahrlehrer indischer Herkunft, der die Ehekrise auf der Rückbank seines Cabs hautnah mitbekam und bald erneut vor Wendys Haustür landet. Ganz ohne unlautere Absichten: Der Mann ist der personifizierte Anstand und hat auch stoische Geduld und Lebensweisheit genug, um Wendy nicht nur durch den Großstadtverkehr zu lotsen. So lernt sie neben dem Fahren auch das Leben neu.

Das Reisen als Metapher für den Lebensweg

Das Kino bringt derzeit gerne Menschen möglichst unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds zum gegenseitigen Nutzen zusammen. Auch der scheinbar souveräne Darwan hat – neben einer Vergangenheit politischer Verfolgung – mit Alltagsrassismus und einer familiär arrangierten Ehe zu kämpfen, wogegen auch die schönste Chauffeursweisheit nicht hilft. Mit Abbiegefehlern und Prüfungsstress nutzt Drehbuchautorin Sarah Kernochan das Fahrschul-Setting zudem ausgiebig als Schauplatz menschlicher Wirrungen und Mühen. Erstaunlich, dass abgesehen von Mike Leighs „Happy-Go-Lucky“ die nicht nur räumliche Intimität zwischen Lenk-Instrukteur und Eleve so selten als Kino-Setting dient – schließlich hat es das Reisen als Großmetapher für den Lebensweg mit dem Roadmovie gleich zum ganzen Subgenre gebracht.

Manchmal allerdings trägt „Learning to Drive“ in Sachen Metaphorik arg dick auf. Und Überraschungen darf man in einem nett gestrickten Zielgruppen-Film für Frauen (am besten über 50) kaum erwarten. Spaß macht der Film trotzdem, vor allem wegen der so spielfrohen Hauptdarsteller.

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