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Duellszene wie im Western. Rod Rondeaux in "Land".

© Damian Hernandez

„Land“ im Panorama: Alkohol ist nicht der einzige Feind

Bruch zwischen den USA und seinen indigenen Einwohnern: Regisseur Babak Jalali erzählt im Panorama-Film „Land“ von der Reservatsfamilie Denetclaw

An einer Grenze im staubigen Niemandsland stehen sich zwei Trauergemeinden gegenüber. Auf der einen Seite Uniformierte der US-Armee, auf der anderen Seite Indigene des „Prairie Wolf“-Reservats. Als sie den Sarg von den Soldaten entgegennehmen, ersetzen sie als erstes die US-Flagge durch ein eigenes Banner. Der Offizier weigert sich, sie zurückzunehmen, und so liegen die Stars and Stripes schließlich vor seinen Füßen im Sand, während sich der Leichenwagen in Bewegung setzt, vorbei an einem handbemalten Schild: „This is Indian Land“.

Der Bruch zwischen dem Staat USA und seinen indigenen Einwohnern ist die Prämisse von „Land“. Doch nirgends wird er so direkt ins Bild gesetzt wie hier: fast eine Duell-Szene aus dem Western, die Anspielung auf Frontier und Landraub, der symbolische Flaggentausch. Der Film des im Iran geborenen und in England aufgewachsenen Regisseurs Babak Jalali erzählt von der Reservatsfamilie Denetclaw, die in der Milieubeschreibung zum repräsentativen Mikrokosmos indigener Erfahrungswelten wird. Von den drei Söhnen ist der jüngste zur Armee gegangen und unter rätselhaften Umständen in Afghanistan gefallen. Wesley, der zweite Sohn, ist alkoholkrank. Da Alkohol im Reservat verboten ist, fährt ihn seine Mutter jeden Morgen mit dem Auto an die Grenze, wo er den Tag über mit anderen Süchtigen vor einem Liquor Store verbringt, der sich hauptsächlich aufgrund dieser Stammkunden zu rentieren scheint. Der älteste Sohn Ray hat die Sucht seinerseits überwunden und lebt mit Frau und Sohn von einem dürftigen Job in der industriellen Landwirtschaft.

Zeit für Beobachtungen

Einen dramatisch zugespitzten Plot, wie ihn „Wind River“ (derzeit im Kino) vor dem Hintergrund eines Indigenen-Reservats in Wyoming entfaltet, will Jalali tunlichst vermeiden. Gemeinsam mit der hervorragenden Kamerafrau Agnès Godard („Beau Travail“) nimmt er sich Zeit für Beobachtungen. In präzise komponierten Weitwinkel-Einstellungen stehen sie in der öden und doch auch anmutigen Landschaft, zeigen die, die den widrigen Lebensumständen wortkarg trotzen, und die, die sich längst aufgegeben haben.

Warum es einen iranisch-britischen Regisseur brauche, um mit Geld aus Europa vom heutigen Leben der Native Americans zu erzählen, fragt ein Zuschauer auf der Premiere. Darauf hat einer der indigenen Darsteller eine Antwort: „Amerika ist zu beschämt, um einen solchen Film über seine eigenen Leute zu machen.“

20.2., 19.45 Uhr (Cubix 7), 22.2, 14 Uhr (Cubix 9), 24.2., 19 Uhr (Zoo Palast 2)

Jan-Philipp Kohlmann

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