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KUNST Stücke: Granaten

Hören wir zur Kunst Rita McBrides zunächst Münchens Oberbürgermeister: Ihre Skulptur für den Effnerplatz in München-Bogenhausen, so Christian Ude, gäbe es auch im Baumarkt als Blumenständer. Schön, wenn Kunst im öffentlichen Raum noch so engagierte Debatten auslösen kann wie in den zurückliegenden acht Jahren, seit McBrides Entwurf ausgewählt und dann immer wieder attackiert wurde: ein Geflecht aus Carbonrohren, unter dem die durchfahrenden Straßenbahnen auf Spielzeuggröße schrumpfen.

Hören wir zur Kunst Rita McBrides zunächst Münchens Oberbürgermeister: Ihre Skulptur für den Effnerplatz in München-Bogenhausen, so Christian Ude, gäbe es auch im Baumarkt als Blumenständer. Schön, wenn Kunst im öffentlichen Raum noch so engagierte Debatten auslösen kann wie in den zurückliegenden acht Jahren, seit McBrides Entwurf ausgewählt und dann immer wieder attackiert wurde: ein Geflecht aus Carbonrohren, unter dem die durchfahrenden Straßenbahnen auf Spielzeuggröße schrumpfen. Als McBride den Titel „Mae West“ nachreichte, nach der tanzenden Pionierin, stieg der Sexappeal. Im November soll der Turm stehen. Und Ude kriegt seinen Blumenständer: Für ihre Ausstellung Way Out East bei Konrad Fischer (Lindenstraße 35, bis 6. November) hat McBride ihre Skulptur vielfach gesampelt. Das Modell aus Weidenholz ist unverkäuflich, dafür gibt es Wandteppiche (14 500–24 000 Euro). Um einen Kiosk in Mae-West-Form gruppieren sich sieben „Mae West Survival Kits“ (8000 Euro), Koffer mit Mae-West-Sprühschablonen oder „Sex Toys“ genannte Kleinplastiken. Die glänzen selbstverliebt und liegen devoter in der Hand als Franz Wests Passstücke. Auf einer Collage posiert die Düsseldorfer Professorin Dita-von-Teese-mäßig in ihrer Skulptur. McBride macht es also wie der Kapitalismus: Sie speist die Kritik an ihrer Kunst schlichtweg in ihr System ein. Subversiv? Geht so.

Zwei Stockwerke höher bei Volker Diehl (bis 6. November) rappelt es indes gehörig im Karton. Rattern und Sausen dröhnen aus einem riesigen Holzkasten, der als einzig sichtbares Exponat den Galerieraum verstellt. Großzügigerweise gewähren doch fünf Gucklöcher limitierte Einblicke von jeder Seite. Drinnen: ein sich selbst fällender und aufrichtender Kreis aus Dominosteinen von Markus Krieger (12 000 Euro); eine Fotocollage des Kollektivs AES+F (40 000 Euro); eine Monsterzeichnung von Sebastian Schlicher (12 500 Euro) und vieles mehr. Von jedem Medium etwas. Hier wird jede Idee von Konsistenz gesprengt. Viehl Dolkers ist die erste Ausstellung des Berliner Kuratorenkollektivs APES. Wie Rita McBride greifen sie die Idee des Künstlers als Vertreter auf, mit Verweis auf Duchamps Ausstellung im Koffer. Aber hier wird klug und witzig mit Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit gespielt. Kunst, so die Macher, ist wie Wittgensteins Käfer in der Schachtel: Jeder sagt, er hat einen, aber reingucken kann keiner.

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