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Kunst als Anlage: Aktien an der Wand

Weltweit gibt es 83 Kunstfonds, vornehmlich in China. Die Shareholder greifen tief in die Tasche, die Rendite bleibt trotzdem ungewiss.

Lässt man die letzten 25 Jahre Revue passieren, hat der Kunstmarkt die Krisen gut überstanden. Selbst vom Platzen der Blase Anfang der Neunziger hat er sich erholt, die letzte Finanzkrise wirkte eher wie eine Preiskorrektur. Die historische Spitze von 2007 mit Verkäufen von 48 Milliarden Euro wurde 2013 nur knapp verfehlt. So das Fazit der Kulturökonomin Clare McAndrew, die den globalen Kunst- und Antiquitätenmarkt für die jährliche Studie der Maastrichter Messe TEFAF untersucht und dem Markt eine Wachstumsrate von acht Prozent bescheinigt.

Die jüngsten Rekorde vermeldeten im Mai Sotheby’s und Christie’s, die in New York zum ersten Mal über eine Milliarde Dollar mit Zeitgenossen einfuhren. Ob das den Aufwärtstrend bestätigt oder Vorzeichen einer Blase ist, sei dahingestellt. Kunst gilt längst als Asset-Klasse für Finanzstrategen. Warum nicht in diesem Umfeld einen Drittmarkt etablieren? Kunstfonds erscheinen als Alternative, um das Portfolio zu diversifizieren. Als Leuchtturmbeispiel gilt der British Rail Pension Fund, der ab 1974 Kunst für 40 Millionen Pfund gekauft hatte und in der Boomphase Ende der Achtziger vor allem mit Impressionisten eine Durchschnittsrendite von 11,3 Prozent erwirtschaftete. Die Erfolgsgeschichte ruft bis heute Nachahmer auf den Plan, blieb jedoch singulär.

„Die globale Kunstinvestmentfondsindustrie ist nach wie vor in der Entwicklung begriffen“, heißt es im Deloitte Art & Finance Report 2013, der weltweit 83 Kunstfonds verzeichnet, von denen allein 58 in China aus dem Boden gesprossen sind. Die TEFAF-Studie kommt 2011 gar auf 70 chinesische Fonds und Trusts, deren Volumen von 1,5 Milliarden Euro zwei Jahre später bereits um 70 Prozent geschrumpft war. In Europa und den USA verwalteten Kunstfonds 2012 Gelder in Höhe von 651 Millionen Dollar. Zu diesen gehört auch die 2001 von Ex-Christie’s-Manager Philip Hoffman gegründete The Fine Art Fund Group. Fünf geschlossene Fonds hat das Londoner Unternehmen aufgelegt. Mit Mindesteinlagen ab 250 000 Dollar mussten Anlagewillige allerdings tief in die Tasche greifen. Das Gros dieser Investmentform richtet sich an vermögende Kunden.

Eine Ausnahme war der 2006 eingerichtete Kunstfonds der Hamburger Art Estate GmbH. Das Minimum lag bei 2500 Euro, geworben wurde mit Renditezielen von 10 Prozent, nach 15 Jahren sollte die Ausschüttung erfolgen. Ein Jahr später warnte die Zeitschrift Finanztest schon: „Fallen die Kunstwerke aber im Wert, verlieren die Anleger Geld.“ Der Wert des Portfolios – mit Künstlern wie Richter, Polke, Warhol –, war das geringere Problem. 2008 ging der Mutterkonzern, die EECH Group, insolvent und damit auch die Kunstanlage.

An mangelndem Investoreninteresse hingegen scheiterten die Pläne der Privatbank Berenberg. Mit Mindesteinlagen von 100 000 Euro wollte man auf Blue-Chips setzen und zu einem Viertel aufstrebende Künstler beimischen. Innerhalb von zwei Jahren hatte Stefan Horsthemke für die Berenberg Art Advice GmbH gemeinsam mit dem Kunsthändler Helge Achenbach, der gegenwärtig wegen Betrugsvorwürfen in Untersuchungshaft sitzt, 10 Millionen Euro eingesammelt. Avisiert waren 50 Millionen. Im Juli 2013 wurde die Gesellschaft aufgelöst, das Hamburger Mutterhaus setzt nunmehr auf das „qualitativ hochwertige Beratungs- und Serviceangebot“.

Auch The Fine Art Fund Group hat sich verstärkt auf das Beratungsgeschäft für die exklusive Klientel verlegt und managt aktuell keinen aktiven Fonds. Gegenüber The Art Newspaper räumte Philip Hoffman ein, dass von fast 19 Prozent Bruttorendite für den ersten, 2004 lancierten Fonds realistische sechs Prozent Netto bleiben. Eine Hürde stellen die hohen Verwaltungskosten dar. Der Aufwand von Provisionen für Galeristen, Auktionshäuser und Versicherungen, dazu Transport- und Lagerkosten, frisst selbst solide Verkaufserlöse auf. Ihre Zurückhaltung erklären Anleger aber auch mit dem intransparenten und wenig regulierten Kunstmarkt.

Ein besonderer Fonds hat sich seit 2004 mit dem Artist Pension Trust (APT) etabliert. Über 20 Jahre liefern Künstler jährlich ein Werk und erhalten bei Verkauf 40 Prozent des Erlöses, von dem weitere 32 Prozent für die Altersversorgung angelegt werden. Der Rest geht an APT. Sukzessive ist die Sammlung auf 10 000 Werke von über 2000 Künstlern angewachsen. Acht internationale Trusts nehmen bis zu 250 Künstler pro Region auf, ausgewählt von Kuratoren vor Ort. Im Januar startete der Verkauf der Werke. Man sei noch in der Pilotphase, so APT-Pressesprecherin Lidia Fabian. „Es wird streng darauf geachtet, für jedes Kunstwerk den richtigen Käufer zu finden und für die Künstler den höchst- möglichen Ertrag zu erzielen – sowohl finanziell als auch im Hinblick auf die Karriere.“ Investoren sucht man aber keine mehr.

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