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"Verkauft" steht auf einem Transparent am Gebäude der Volksbühne in Berlin - eine ironische Reaktion auf den Intendantenwechsel im Sommer 2017.

© Paul Zinken/dpa

Kultursenator Klaus Lederer: Was wird jetzt aus der Volksbühne?

Im Wahlkampf hat Klaus Lederer versprochen, die Nachfolge des Intendanten Castorf neu zu regeln. Als Kultursenator könnte er den Vertrag mit Dercon aufheben.

Im Münchner Architekturmuseum läuft jetzt eine Ausstellung über Francis Kéré. Der preisgekrönte Architekt ist hierzulande vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Christoph Schlingensief bekannt. Kéré hat das Operndorf bei Ouagadougou entworfen, Schlingensiefs Vermächtnis. In München ist erstmals Kérés Plan für ein mobiles Amphitheater in Tempelhof zu sehen. Die Bespielung des Flughafens gehört zum Volksbühnen-Konzept Chris Dercons. Im Herbst 2017 will der neue Intendant am Rosa-Luxemburg-Platz seine erste Spielzeit eröffnen. Aber mit dem neuen rot-rot-grünen Senat wird daraus möglicherweise nichts – oder nur ein kurzes Intermezzo.

Klaus Lederer, Chef der Linken, hat sich den Posten des Kultursenators gewünscht und bekommen. Als eine seiner ersten Amtshandlungen könnte er den Vertrag mit Dercon aufheben. Im Wahlkampf hat sich die Linke in dieser Richtung positioniert. Der Landesvorsitzende Lederer und der Fraktionsvorsitzende Udo Wolf schrieben am 23. Juni 2016 in einem Brief an „alle Beschäftigten der Volksbühne“, dass Lederer sich mit den Forderungen des Theaters solidarisiere.

Weg mit Dercon, er soll gar nicht erst anfangen, das war und ist die Botschaft aus dem Haus, das sich offiziell in der letzten Frank-Castorf-Saison befindet. Weiter heißt es in dem Brief: „Der Regierende Bürgermeister Müller und Staatssekretär Renner waren schlecht beraten“ bei der „Fehlentscheidung“ für Dercon. Sie wollten dem „neoliberalen Kunstbetrieb mit globaler Jetset-Attitüde Tür und Tor öffnen“. Und: „Die Linke wird sich nachdrücklich dafür einsetzen, dass die Volksbühne als Sprechtheater mit festem Ensemble und Repertoirebetrieb in der besten Tradition von Piscator, Besson und Castorf erhalten wird.“

Kommt Armin Petras für Chris Dercon?

In einem Flugblatt der Linken aus dem Sommer wird zudem an die nachbarschaftliche Verbundenheit mit der Volksbühne erinnert – die Zentrale der Partei liegt neben dem Theater – und die Parole ausgegeben: „Noch besteht die Möglichkeit zur Umkehr.“ Man stehe „für Gespräche und Absprachen“ jederzeit zur Verfügung. Nicht nur die Volksbühne wird sich nun an die Versprechen der Linken erinnern, da die Partei im kommenden Senat für die Kultur verantwortlich ist.

Es wäre juristisch kompliziert und für das Land Berlin auch sehr teuer, Dercon und seine Vorbereitungstruppe zu entlassen, es wäre auch ohne Beispiel. Möglich ist es – wenn der Ruf Berlins als weltoffene Kulturhauptstadt mit fairen und seriösen Umgangsformen egal ist. Würde Lederer in Donald-Trump-Manier den Vertrag mit Dercon, der seine erste Spielzeit an der Volksbühne bereits weitgehend durchgeplant hat, rückgängig machen, dann stünde auch schon ein Nachfolgekandidat bereit: Armin Petras. Der Intendant des Stuttgarter Staatsschauspiels hat Anfang dieser Woche überraschend erklärt, er werde 2018 aufhören. Sein Vertrag läuft bis 2021. Petras gibt „private Gründe“ an. Die könnten in Berlin liegen. Der Regisseur und Theaterautor würde in das so vehement verteidigte traditionelle Volksbühnen-Bild passen: in Ost-Berlin aufgewachsen, politisch streitbar, allerdings in seinen Inszenierungen zur Kleinteiligkeit neigend.

Die Anzeichen mehren sich, dass Klaus Lederer und einige Politiker der Grünen die Uhr zurückdrehen wollen. Unter Umständen auch beim Staatsballett: Die Berufung von Sasha Waltz und Johannes Öhman ist nach der Volksbühne der zweite große Schauplatz des Berliner Kulturkampfs. Dercon erklärte am Mittwoch: „Wir freuen uns darauf, Klaus Lederer kennenzulernen und mit ihm zu arbeiten, auch weil wir wissen, dass ihm die Volksbühne besonders am Herzen liegt.“ Der Schlüssel liegt beim Regierenden Bürgermeister und Noch-Kultursenator Michael Müller. Er hat den Personalwechsel bei der Volksbühne und dem Staatsballett letztlich entschieden. Was gilt sein Wort?

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