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Streit um die Kasseler Kunstschau: Ein Schild "Documenta fifteen" vor dem Museum Fridericianum.

© dpa/Swen Pförtner

Kritik vom Zentralrat der Juden: Documenta sagt Podien zum Antisemitismus ab – Claudia Roth will reagieren

Im Zuge der Antisemitismus-Debatte sollte im Mai diskutiert werden. Nach der Absage sucht Kulturstaatsministerin Roth das Gespräch mit den Beteiligten.

In die Antisemitismusdebatte um die Kasseler Documenta (18. Juni - 25. September) kehrt keine Ruhe ein. Nachdem die Veranstalter der internationalen Kunstausstellung am Mittwoch eine zunächst geplante dreiteilige Diskussionsreihe abgesagt haben, will sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth um eine neue Vertrauensbasis bemühen.

„Ich werde jetzt erneut mit allen Beteiligten das Gespräch suchen und diese wenn nötig in den Dialog zueinander bringen“, teilte die Grünen-Politikerin mit.

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Eigentlich sollte am 8., 15. und 22. Mai in drei online zugänglichen Experten-Runden unter dem Titel „We need to talk! Art - Freedom - Solidarity“ über „das Grundrecht der Kunstfreiheit angesichts von steigendem Rassismus und Antisemitismus und zunehmender Islamophobie“ debattiert werden.

„Die Absage der Gesprächsreihe macht deutlich, dass hier offenkundig eine neue Vertrauensbasis nötig ist“, sagte Roth. „Antisemitismus darf keinen Platz haben in unserer Gesellschaft, nirgendwo, auch nicht auf der Documenta.“

Aufgabe aller staatlichen Stellen sei es aber auch, die Kunstfreiheit und damit einen Freiraum von Künstlerinnen und Künstlern und ihrer Arbeit zu schützen, „die zu unterschiedlichen Interpretationen führen kann und nicht allen gleichermaßen gefallen muss“.

Am vergangenen Wochenende hatte Klaus Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, in einem Brandbrief an Roth die Zusammensetzung der Foren kritisiert. Die Ausrichtung der Podien habe eine eindeutige Schlagseite zugunsten des Antisemitismus, hieß es in dem Brief. Schuster monierte auch, dass der Zentralrat nicht in die Foren eingebunden sei.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth will sich hinter den Kulissen um eine Vertrauensbasis bemühen.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth will sich hinter den Kulissen um eine Vertrauensbasis bemühen.

© dpa/Jan Woitas

Schon Anfang des Jahres sah sich die Documenta fifteen Vorwürfen ausgesetzt, weil das kuratierende Künstlerkollektiv Ruangrupa unter anderem ein palästinensisches Kollektivs eingeladen hat, von dem einzelne Mitglieder in einer Organisation arbeiten sollen, die nach einem Hitler-Getreuen der Dreißigerjahre benannt sind. Auch hieß es, bei der Documenta seien Gruppen eingebunden, die den kulturellen Boykott Israels unterstützen. Wegen dieser Kritik wurde dann die Diskussionsreihe anberaumt.

Die Ausstellung ab Juni soll jetzt erst mal für sich sprechen

Nun habe man entschieden, die Veranstaltungsreihe auszusetzen, hieß es am Mittwoch seitens der Documenta, die als wichtigste internationale Kunstschau neben der Biennale in Venedig alle fünf Jahre stattfindet. Man wolle zunächst mit der Ausstellung beginnen und sie für sich sprechen lassen, um die Diskussion dann auf dieser Basis sachgerecht fortzusetzen.

„Zum jetzigen Zeitpunkt scheint das Ziel, das die Documenta mit der Gesprächsreihe erreichen wollte, nämlich im Vorfeld einen multiperspektivischen Dialog jenseits institutioneller Rahmen zu eröffnen, nur schwer umsetzbar, so die Organisator:innen.

Der Documenta sei es wichtig, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen. Die bisherigen Ansätze sollten als verändertes Format vor Ort in Kassel während der Weltkunstausstellung weiterentwickelt werden. „Das gibt auch Gelegenheit, auf Bedenken eingehen zu können, die in den vergangenen Tagen öffentlich wurden.“

Claudia Roth sagte nun rückblickend, sie habe die Vorwürfe gegen die Documenta ernst genommen und sowohl mit den Verantwortlichen der Ausstellung als auch dem Zentralrat der Juden das Gespräch gesucht. Daran werde sie jetzt anknüpfen. „Wir brauchen eine offene und ausgewogene internationale Diskussion rund um die Documenta, die unterschiedliche Positionen abbildet und einbezieht." (dpa/Tsp)

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