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Kultur: Krimis der neuen "Metro"-Reihe: Entlegen kommt gelegen und Exotik ist Trumpf

Manchmal haben Detektive einfach nur Glück. Unverhofft kriegen sie einen Tipp, und alles passt zusammen.

Manchmal haben Detektive einfach nur Glück. Unverhofft kriegen sie einen Tipp, und alles passt zusammen. So ging es auch Thomas Wörtche, als er nach Büchern für die neue Krimi-Reihe des Züricher Unionsverlags fahndete. Heiße Spuren führten den Berliner Lektor in entlegenste Weltecken, er siebte jede Menge Beweismaterial (rund 500 Bücher) und plötzlich half ihm der Zufall: Eine Touristin brachte einen Roman aus Hongkong mit, der sie begeistert hatte.

Eine Perle, fand auch Wörtche und nahm "Temutma" in sein "Metro"-Programm auf. Geschrieben haben es die kanadische Archäologin Rebecca Bradley und der Hongkonger Privatdetektiv Stewart Solan. Ebenso ungewöhnlich wie diese Autoren ist auch ihr Werk: Temutma ist ein Geistervampir, der im Untergrund der Ummauerten Stadt (Kowloon) schlief bis er von Kanalarbeitern geweckt wurde. Seine ersten Opfer sind reiche Hongkonger Industrielle - er saugt sie komplett aus. Eine verzwickte und geistreich erzählte Suche beginnt, während der sich Temutma als sensibler und teilweise witziger Geselle entpuppt.

Nicht minder exotisch geht es in den anderen neun Büchern der Reihe zu. Sie stehen unter dem Motto "welt/um/spannend" und führen zu spektakulären Schauplätzen: In den Unter-, Ober- und Halbwelten von Bangkok spielt beispielsweise das "Haus der Geister" des ehemaligen Juraprofessors Christopher G. Moore. In einem unerwartet mafiösen Oslo ist Jon Ewos "Torpedo" angesiedelt. Bis auf gelegentliche Abstecher in die Provinz spielen die Bücher alle in Metropolen - daher der Titel "Metro". Die Städte dienen aber nicht nur als effektvolle Kulissen. Sie sind das Mark und die Muskeln der Geschichten. Besonders gut kann man das bei "Total Cheops" von Jean-Claude Izzo beobachten: Die Geschichte ist durch und durch Marseille. Man kann die Stadt durch die Beschreibungen des Autors nicht nur sehen sondern regelrecht fühlen: das gute Essen, den Rap der Jugendlichen, die Wut der Einwanderer und den Stolz der Nutten. Tief verwurzelt in all dem ist der Polizist Fabio Montale, der den Mord an einer Studentin arabischer Herkunft aufklären muss. In Frankreich wurde dieser fulminante Debütroman des 1995 schon 50-jährigen Izzo sofort zum Bestseller. Leider starb der Autor Anfang diesen Jahres. Er hat jedoch noch zwei weitere Fabio-Montale-Romane geschrieben, die ebenfalls im Unionsverlag erscheinen werden.

Auffällig an der "Metro"-Reihe ist ihr angenehm lockerer Genre-Begriff. Die Geschichten sind nie nach den typischen Krimiformeln,- und Regeln aufgebaut: "Krimi plus", nennt Herausgeber Wörtche das. Plus Kultur, plus Unterhaltung. Im Fall von Helen Zahavis "Donna und der Fettsack" auch plus Geschlechterkampf. Ihr Buch mit der schrillen schreienden Frau auf dem Cover wäre auch in einer Starke-Frauen-Reihe nicht weiter aufgefallen. Bei "Metro" ist es bisher der einzige Roman mit einer weiblichen Hauptfigur und das einzige ganz von einer Frau geschriebene Buch.

"Diese Kerlslastigkeit soll nicht so bleiben," sagt Wörtche und fahndet derzeit nach guten Thrillern von Frauen - "Alibiweiber" will er allerdings nicht aufnehmen. Für Taschenbücher sehr liebevoll sind auch die ausführlichen Zusatzinformationen: Mal gibt es kurze Autorenportäts, ein Glossar oder einen Artikel über die Schriftsteller. Im Herbst wird die Reihe fortgesetzt. Dann geht die Reise unter anderem nach Istanbul und Buenos Aires. Und als Querschläger gibt es eine Musikanthologie - inklusive Crime.

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