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Der Krieg in Syrien ist aus den Schlagzeilen verschwunden, aber er geht weiter. Zerstörtes Haus in Umm al-Keif in Nordostsyrien. Doch er wird immer öfter Thema der Literatur.

© REUTERS

Krieg in Syrien: Alle raus

Ein Roman über die enttäuschten Hoffnungen der jungen Generation nach dem Aufstand in Syrien 2011 von Omar Youssef Souleimane.

Der Krieg in Syrien ist aus den Schlagzeilen der Medien verschwunden. Das heißt nicht, dass das Morden und Sterben dort nicht weitergehen würde. Fast vergessen sind die Hoffnungen, die sich 2011 mit dem „Arabischen Frühling“ verbanden. Der seit 2012 in Paris lebende syrische Journalist und Dichter Omar Youssef Souleimane hat 2020 mit seinem Roman „Der letzte Syrer", der jetzt auf Deutsch erschienen ist, den Jugendlichen, die die Revolution von 2011 trugen, ein Denkmal gesetzt.

[Omar Youssef Souleimane: Der letzte Syrer. Roman. Aus dem Französischen von Christiane Kayser. Lenos Verlag, Basel 2022. 197 Seiten. 22,90 €.]

„Viele der jungen Leute und Freunde, mit denen ich 2011 an den Demonstrationen in Damaskus teilgenommen hatte, wurden entweder ermordet oder sitzen heute im Gefängnis. (...) Ich musste über all jene schreiben, die ihr Leben für die Freiheit ihres Landes gegeben haben, damit sie nicht in Vergessenheit geraten“, sagte Souleimane in einem Interview mit „France Culture“.

"Der letzte Syrer" - ein pessimistischer Blick zurück auf die syrische Revolution.
"Der letzte Syrer" - ein pessimistischer Blick zurück auf die syrische Revolution.

© Lenos Verlag

Im Mittelpunkt des Romans steht eine Clique um die Studentin Joséphine. Sie stammt aus einer alawitischen Familie, die für die Revolution Demonstrationen organisiert und Nahrungsmittel und Medikamente für Aktivisten schmuggelt. Zu ihr hingezogen fühlt sich Youssef, der schon bei den ersten Demonstrationen gegen Assad mitlief. Youssef ist ein unkonventioneller Typ, der sich auch zu Mohammad hingezogen fühlt. Mohammad arbeitet in einem Stoffladen, ist homosexuell und auf der Suche nach seiner wahren Identität. Seinem Vater zuliebe möchte er Sarah heiraten, damit der Form Genüge getan wird. Die homosexuelle Szene in Damaskus leidet unter dem Regime, den Islamisten und der traditionellen Haltung der Familien.

Chance auf Veränderung und Befreiung enttäuscht

In der Revolution vom Frühjahr 2011 sehen die jungen Leute eine Chance politischer Veränderungen, aber auch der Befreiung in sexueller und sozialer Hinsicht. Schnell merkt die Gruppe, wie ausgestoßen sie ist: „Die Islamisten hassen uns, weil wir Laizisten sind; das Regime hasst uns, weil wir Rebellen sind, und die Politiker hassen uns, weil wir ehrlich sind. Sie schimpfen uns Verräter, Ungläubige, Häretiker, weil sie noch nicht wissen, was es bedeutet, frei zu sein“, sagt Joséphine.

Souleimane erzählt in kurzen Kapiteln aus der Sicht der Protagonisten. Dazwischen eingestreut ist der typografisch abgesetzte E-Mail-Verkehr zwischen Mohammad und Youssef, der die politischen Ereignisse zusammenfasst und von den Erfahrungen der Freunde berichtet. Souleimane schildert die Eindrücke von Liebe, Träumen, Hoffnungen, Tod und Folter auch auf Grund eigener Erfahrungen.

„Ich glaube, wir werden alle, bis zum letzten Syrer, anderswohin müssen, raus aus dem Land. Selbst diejenigen, die bleiben, werden schließlich verlassen werden von dem Syrien, das wir kennen“, schreibt Youssef an Mohammad am Ende. Eine bittere Erkenntnis, auch für Omar Youssef Souleimane.

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