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Je angepisster, desto besser. Die österreichische Band Kreisky demontiert testosteronbasierte Männlichkeitsbilder.

© Ingo Pertramer

Kreisky live im Berghain: A bissl Spaß muss sein

Die Wiener Band Kreisky verpackt ätzende Alltagsbeobachtungen in zackigen Postpunk-Sound. Bei ihrem Konzert in der Kantine am Berghain macht der Zynismus auch vorm Publikum nicht halt.

Wie wohltuend, eine Band wie Kreisky am Herrentag zu sehen: Während draußen die letzten Himmelfahrtsausflügler unter Gegröle ihrer Ausnüchterung entgegenwanken, singt die österreichische Postpunk-Band in der Kantine am Berghain: „Ich danke dem Herrn Vater für die Belehrung / Ich danke dem Herrn Vater für die gerechte Korrektur / Ich danke dem Herrn Vater für den nützlichen Hinweis / und für die Erfahrung in der Gastronomie.“ Abrechnung, das ist das Thema von Kreisky, Abrechnung mit Vätern, Besserwissern, Männern über 40.

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So auch auf dem neuen, fünften Album „Blitz“, das Kreisky an diesem Abend fast komplett spielen. Eine Pop-Platte hatte es werden sollen, „leicht und luftig“, wie Sänger Franz Adrian Wenzl sagt. „Aber live ist sie dann noch a bissl schwer geworden.“ Zum Glück, denn im rohen Live-Sound wirken die Songs tatsächlich düsterer. Und je angepisster Kreisky sind, desto besser. „Du wirst es nicht glauben, aber seit du fort bist, ist mein Asthma so gut wie verschwunden“, keift Wenzl in „Asthma“, während die Gitarre von Martin Max Offenhuber dissonant dazwischenquäkt. In „Scheiße Schauspieler“ steht die Band textlich kurz vor einem Amoklauf, wenn Schlagzeuger Klaus Mitter seine Drumsticks „wie Messer“ hält. Getanzt wird in der Kantine kaum, so zackig die Songs auch sind. Kreisky sind eindeutig eine Band, bei der es um die Texte geht, und das Berliner Publikum goutiert Wenzls ätzende Alltagsbeobachtungen ein ums andere mal mit einem grimmigen Grinsen. „Ich bin ein braves Pferd / und was ist daran verkehrt?“, singt Wenzl über die Biedermeier, die sich stets fügen. Immer wieder sind es Männer, um die sich Kreiskys Texte drehen, wütende Loser, verkorkste Machos, ausgebrannte Bürohengste.

Und der Zynismus der Band macht auch vor dem Publikum nicht halt: „Wann sind wir endlich daheim?“, bettelt Wenzl nach zwei Zugaben im Abschiedsstück „Dow Jones“. Eine Frage, die sich an diesem Abend im Publikum niemand stellt.

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