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Farbig angestrahlt ist am 03.10.2014 in Berlin das Konzerthaus auf dem Gendarmenmarkt beim Lichterfestival "Berlin leuchtet".

© dpa

Konzerthausorchester: Makellos wie zu Mozarts Zeiten

Dieser Abend klang wie um 1800, nur besser. Im Konzerthaus am Gendarmenmarkt wurden am Samstag Stücke der Wiener Klassik makellos gespielt.

Dieser Abend klingt wie um 1800, nur besser. Natürlich kann man da nur Vermutungen anstellen – aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Bedingungen in Wien, Prag, Salzburg oder London seinerzeit nicht so gut waren wie im heutigen Konzerthaus am Gendarmenmarkt, wo das Orchester unter dem Österreicher Martin Haselböck ein offenkundig sehr gut geprobtes Programm spielt und mit der israelischen Sopranistin Chen Reiss eine exzellente Solistin auftritt.

So stimmig, so makellos

Selten erlebt man einen Abend, der so stimmig, so makellos verläuft. Selbstverständlich ist das Haus ausverkauft. Wer wollte denn nicht teilhaben an einem Konzert mit Musik der Wiener Klassik, mit Werken von Mozart, Haydn und Beethoven? Es wird ja auch nichts Abseitiges, sondern stattdessen Mozarts „Prager“ Sinfonie und Beethovens Erste gespielt, dazu eine Konzertarie von Mozart (satt an Koloraturen) und eine Szene mit Arie von Haydn (satt an vornehm gezügelter Emotion), die Reiss in jener bemerkenswerten Balance aus Glamour und technischer Vollendung singt, die wirklich guten Sopranistinnen eigen ist.

Überdies gelingt es dem auf dieses Repertoire spezialisierten Haselböck, das Orchester in die Gefilde des Originalklangs zu führen, ihm zum Beispiel ein dynamisches Panorama zu geben, das auf angenehme Weise zwischen weich aufwallenden Streicherklängen und dem stumpfen Ton einer zerplatzenden Bäckertüte wechselt, wenn das gesamte Ensemble eine Attacke fährt. Haselböck gönnt sich auch keine Aufmerksamkeitspausen, in denen er das Orchester nur verwaltet. Stattdessen beugt er sich in die Stimmgruppen hinein, artikuliert die Anfänge der langsamen Sätze stumm mit, zeigt sich stets tief engagiert. Zumal Mozarts Presto-Finale, in dem die heiter tirilierende Flöte sich gegen und über das ganze Orchester erhebt, dabei ebenso schön gerät wie Beethovens vierter Satz, der nach der Adagio-Einleitung wunderbar ins Laufen und Springen gelangt.

Schon zu perfekt

Jetzt zum Erholungs- und Unterhaltungscharakter des Abends: Während die Logik der Programmierung mit ihrer Konzentration auf ein geschlossenes historisch-stilistisches Umfeld nicht von der Hand zu weisen ist, sehnt man sich am Ende doch nach etwas Fremdem oder Neuem. Nach einer Musik, die schief klingt oder rau und die die eigenen Form-Ideale nicht so deutlich vor sich her trägt. Die gute Regel, dass Abwechslung erfreut, hat vielleicht nicht nur bei der motivisch-thematischen Arbeit der Klassiker, sondern auch im Konzertleben ihren Sinn.

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