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Konzert von Khruangbin in Berlin: Unaussprechlich, aber ausgesprochen gut

Groteske Outfits und pulsierende Bässe: Die texanische Band Khruangbin spielte ein mitreißendes Konzert in der Berliner Columbiahalle.

Die Debatte beginnt bereits in der Schlange vor der Columbiahalle. Wie spricht man diese Band denn nun korrekt aus? Khruangbin ist das thailändische Wort für Flugzeug. Schwierig für ungeübte Zungen. Und doch passt der Name wunderbar zu den Jetset-Klängen des US-amerikanischen Trios aus Houston, das für seinen psychedelischen Pop südostasiatische, westafrikanische und lateinamerikanische Einflüsse zu fantastischen Klanggebilden fusioniert. Irgendwo zwischen Soul, Surf, Dub und Funk.

Nein, um Worte geht es bei Khruangbin-Konzerten eher nicht. Die Band redet wenig, Gesangsparts sind spärlich gesät. Das erschwert das Mitsingen ungemein - was vielleicht an diesem Abend auch besser so ist, trägt doch knapp 80 Prozent des Publikums in Berlin keine Maske mehr.

Die futuristisch anmutende Bühne ist wie ein soeben gelandetes Raumschiff gestaltet. Silbern glänzende Podeste mit bunt leuchtenden Bullaugen. Darüber eine gigantische Discokugel, unter der die drei sonderbaren Gestalten von Khruangbin gegen 21.15 Uhr auftauchen. Bassistin Laura Lee, die mal verkündet hat, dass sie auf der Bühne nie zweimal dasselbe Outfit tragen würde, erscheint im knappen Netzstrumpfkostüm.

Auf dem Kopf das Markenzeichen der Band: eine lange schwarze Perücke. Diese trägt selbstverständlich auch Gitarrist Mark Speer, gepaart mit einem blau-schwarz-geblümten Anzug und Cowboy-Stiefeln. Drummer Donald Ray „DJ“ Johnson Jr. komplementiert das schräge Bild mit einem bunt-gemusterten Überwurf, Sonnenbrille und Lederhut.

Grundentspannt und unfassbar groovy

Und sie klingen sogar noch besser als sie aussehen. Das effektgesättigte Gitarrenspiel reiht eine Melodieperle an die andere, lässig pulsieren die Bassläufe und „DJ“ schüttelt präzise Breakbeats aus dem Handgelenk, während der Rest seines Körpers losgelöst vom Spiel zu meditieren scheint. Sympathisch unbeholfen staksen Lee und Speer derweil über die Bühne, üben sich mal in synchronen Tanzschritten oder verführerischen Körperbewegungen.

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Aus der Reduktion das Maximum herausdestillieren – das ist das Rezept von Khruangbin. Die dargebotenen Songs sind minimalistisch und komplex zugleich, grundentspannt und unfassbar groovy. Von den melancholischen Klängen in „So We Won’t Forget“ über das von einer Surfgitarre getriebene „Maria También“ bis zu den eingestreuten Medleys aus Coverstücken wie „Apache“ von „The Shadows“ oder gar „Rhythm Is a Dancer“ von Snap!

Und so erscheint der Abend wie ein einziger langer Jam auf einer Roller Disco, bei der auch mal Schnapsflaschen zu Perkussionsinstrumenten umfunktioniert werden. All das begleitet vom seligen Wippen und Wogen des Publikums. In einer Art Hochzeitskleid taucht Lee für die Zugabe wieder auf. Der heißerwartete Hit „Time (You And I)“ geht in einen zehnminütigen Abschiedsgroove über. Dann heben Khruangbin ein letztes Mal ihre Gläser - und sprechen endlich ihren Namen aus. Den hat man im frenetischen Jubel aber leider nicht verstanden.

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