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Die britische Indieband Django Django ist ein überaus tanzbares Argument gegen den Brexit.

© Promo

Konzert von Django Django: Saturday Night Spaßterror

Die Indie-Eklektiker Django Django im Festsaal Kreuzberg.

Zwei Schotten, ein Engländer und ein Nordire lernen sich Ende der 2000er Jahre an der Kunsthochschule in Edinburgh kennen, gehen nach London und gründen dort die Band Django Django, 2012 werden sie mit ihrem Debüt für den prestigeträchtigen Mercury Prize nominiert, gehen für ihr zweites Album in ein teures Studio, Robbie Williams nimmt direkt nebenan auf. Die Alben verkaufen sich gut, ihre Songs laufen in der Werbung und in Computerspielen.

Chartdurchstarter sind sie zwar nicht, aber Auskenner, Styler und Architekten ihres arty kuratierten Images in Musikvideos und Bandfotos. Als gute, kollektiv arbeitende Songwriter packen sie stilsicher und vielleicht etwas zu selbstbewusst indie-nerdig alles rein in ihre Musik, was zu einer guten Sozialisation gehört – gern auch in einen Song, in vier Minuten.

Der Genremix von Django Django enthält Spurenelemente der Beach Boys, der Talking Heads, von Synthie-Pop und Softrock, 90er Britrock, Rockabilly samt Faible für Horror-Trash, Surf und Psychedelia mit hübsch verhallten Space-Sounds. Versuche, die Musik von Django Django auf einen Begriff zu bringen, lesen sich in etwa so: Psychedelic Art Pop oder Space-o-Billy, das Beste aus Hipstertum, kosmischer Musik und Rootsrock. Gerade erschien das dritte Album „Marble Skies“ und es ist wieder ein wirklich einnehmendes Stück Pop geworden. Die Zweistimmigkeit zwischen dem markant hohen Tenor von Frontmann Vincent Neff und dem singenden Bassisten Jimmy Dixon entfaltet sich in einem harmonischen Schönheitsrausch, die musikalischen Referenzen werden noch mal ausgeweitet, in Richtung Dancehall, Latin-Pop und Disco, man singt mit und schwingt das Tanzbein. Sechs veritable Hits von zehn Stücken auf dem Album sind eine gute Quote.

Ein Pastiche angesagter Hipstermusik

Die Live-Darbietung am Samstagabend im Festsaal Kreuzberg ergibt aber wider Erwarten kein gutes Konzert. Neues und altes Material wird während des anderthalbstündigen Auftritts gut durchmischt, am Ende schwitzt wenigstens der Frontmann. Aber irgendwie liegt da eine Erzwungenheit und ein unbedingtes Partywollen über der Show, die irgendwie langweilt. Es gibt keine Dramaturgie, nur ein ständiges Voll-auf-die-Neun.

Der ehedem so zarte Neff entblödet sich nicht, mit gereckter Bierflasche die Bühne zu betreten und jovial allen Iren zum St. Patrick's Day zu gratulieren. Mehrfach. Die Stücke gehen unter in einer Suppe aus Reverb, Bass, Lichtblitzen – Überwältigungsfuror. Nichts klingt kristallin, es gibt kein Durchatmen vom Upbeat-Frohsinn. Sowohl Band als auch Publikum scheinen unter der Knute eines samstagabendlichen Spaßdiktats zu stehen, obwohl beiden Seiten vielleicht nach mehr Ruhe, Nuanciertheit, höher gesteckten Erwartungen wäre. Django Django unplugged wäre doch mal eine Maßnahme zur Rehabilitation.

Kirsten Riesselmann

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