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Der Countertenor Philippe Jaroussky

© Promo

Konzert: Vergnügte Seelenlust

Philippe Jaroussky singt Bach und Telemann mit dem Freiburger Barockorchester. Hier tanzen die Töne aus kostbarer Kehle.

„Die Welt, das Sündenhaus, / Bricht nur in Höllenlieder aus“: Auf barocke Art geht es in der Kantate BWV 170 von Johann Sebastian Bach darum, dass der Christ sich nur wünschen kann, diese Welt so bald wie möglich zu verlassen. Denn „ihr Mund ist voller Ottergift“.

Mit seinem ersten Soloabend in deutscher Sprache hat sich Philippe Jaroussky Verzwicktes vorgenommen. Das Publikum folgt dem Ruf des mit Preisen geschmückten französischen Countertenors begeistert. Als Artist in Residence hat er ins Konzerthaus geladen. Der Mittelgang des großen Saals ist mit zusätzlichen Stühlen gefüllt, gespanntes Ausverkauft herrscht bis unter die Decke.

Natürlich gelingt es Jaroussky nicht, das Textungetüm des zitierten Rezitativs verständlich zu artikulieren. Zudem enttäuscht die erste Kantate des Abends noch, überschrieben „Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust“, weil es der Engelsstimme, über die der Sänger zweifellos verfügt, an Resonanz, das heißt Ausdruck, in der Tiefe fehlt. Von der obligaten Orgel umspielt besingt er freudig die Sehnsucht nach dem Himmel. Er wird von dem rücksichtsvollen und nach Möglichkeit in diesem experimentellen Sonderfall präzis führenden Freiburger Barockorchester auf historischen Instrumenten begleitet. Von den Konzertmeistern des Ensembles ist an diesem Abend Petra Müllejans an der Reihe, die mit sanfter Körpersprache die Leitung innehat.

Leiden abseits des Weihnachtsmarkts

Bemerkenswert kontrastiert das Programm zu dem Weihnachtsmarkt auf dem Gendarmenmarkt und der frohlockenden Adventszeit der Christenheit. Denn von Georg Philipp Telemann hat sich der Sänger zwei Passionskantaten ausgewählt. Sie behandeln den am Ölberg zagenden und in den letzten Zügen liegenden Jesus, und die Dichtung des ersten Stücks ist inhaltlich vertrauter Natur: „Mein Vater!“, betet der Heiland und bittet, dass der Kelch an ihm vorübergehe. Das Drama liegt Jaroussky gut in der Stimme. In der zweiten Kantate nimmt der Text für heutiges Verständnis kuriose Züge an: Der Mensch ersehnt sich, mit dem sterbenden Heiland zu erblassen. Diese Arie bereitet schließlich die finalen Jubelkoloraturen vor. Dabei geht es wieder um den Tod wie auch in der Bach-Kantate „Ich habe genug“, die anfangs an die berühmte Arie „Erbarme dich, mein Gott“ erinnert. Die „Schlummerarie“, die zu den faszinierendsten Kompositionen Bachs zählt, klingt dann in der Tat wie ein Lied vom Himmel, bevor wiederum barocke Frömmigkeit triumphiert: „Ich freue mich auf meinen Tod“. Und belebte Sechzehntel tanzen aus Jarousskys kostbarer Kehle.

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