zum Hauptinhalt
Saure Gurken-Zeit. Nadja (Margarita Breitkreiz) arbeitet zwar für einen Milliardär, aber hat nie was im Kühlschrank.

© Camino Film

Komödie „Kaviar“: Der Oligarch kauft Österreich

Investieren auf Russisch: Regisseurin Elena Tikhonova macht in „Kaviar“ aus dem trauten Miteinander von Politikern und Milliardären eine groteske Komödie.

Geld stinkt nicht? Von wegen. Versteckt in Dixie-Toiletten, sieht das womöglich ganz anders aus. Um Gewissheit über den Verbleib der erhofften russischen Rubel zu erlangen, bleibt dem Immobilienhai Klaus und seinem Winkeladvokaten Ferdinand nur ein beherzter Griff ins Klo. Eine groteske Ekelszene, die die bei schrägen österreichischen Komödien unverzichtbaren Georg Friedrich und Simon Schwarz mit der gebotenen Grandezza absolvieren. Igittigitt!

Dass die Regisseurin Elena Tikhonova mit der amüsanten Komödie „Kaviar“ gewissermaßen den Film zu Straches Ibiza-Video-Skandal gedreht hat, dürfte für sie selber der größte Witz sein. Welche als junge Frau aus Russland nach Österreich eingewanderte Filmemacherin kann schon ahnen, dass ihr selbst geschriebenes Spielfilmdebüt über das traute Miteinander von Oligarchen und Politikern von der Realität prompt beglaubigt wird? „Österreich ist das korrupteste Arschloch-Land der Welt“, schimpft die blauhaarige Künstlerin Teresa (Sabrina Reiter), eine der drei Heldinnen. Worauf ihre russischstämmigen Freundinnen Nadja (Margarita Breitkreiz) und Vera (Daria Nosik) losprusten. „Du warst noch nie in Russland!“ Die Anmerkung der in Obninsk geborenen und an der Moskauer Filmuniversität ausgebildeten Regisseurin, dass vieles in „Kaviar“ von eigenen migrantischen Beobachtungen inspiriert sei, spricht jedenfalls für eine gewisse Seelenverwandtschaft zwischen beiden Völkern.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die fühlt auch der nach Wien übergesiedelte Oligarch Igor (Mikhail Evlanov). Er ist ein Milliardär, der seine Geschäftspartner gern persönlich trifft. Zum Beispiel mit einer Kalaschnikoff, wie gleich in der explosiven Eingangssequenz. Seine Dolmetscherin Nadja fungiert im Film als Ich-Erzählerin. Wenn der von seiner Allmacht überzeugte Igor mit dem Finger schnippt, muss Nadja teure Handtaschen für seine Favoritinnen kaufen, angstschlotternde Oberkellner zurechtweisen oder jemanden finden, der ihm eine Villa auf die Wiener Schwedenbrücke baut. Wie in Florenz auf dem Ponte Vecchio!

Geldsegen. Nadja (Margarita Breitkreiz), Vera (Daria Nosik) und Teresa (Sabrina Reiter) booten die Typen aus.
Geldsegen. Nadja (Margarita Breitkreiz), Vera (Daria Nosik) und Teresa (Sabrina Reiter) booten die Typen aus.

© Camiono Film

Die drei Millionen Schmiergeld, die Igor aus der Portokasse allein für die örtliche Kommunalpolitik auslobt, wollen sich Veras Mann Klaus, Anwalt Ferdinand, der „jedes Gesetz kennt und weiß, was man dagegen tut“, und der ihnen von früheren Deals bekannte Stadtrat Hans Zech (Joseph Lorenz) sichern. Von den noch zu erwartenden Bau-Millionen ganz zu schweigen. Blöd nur, dass der schmierige Klaus die schnittige Vera auf einem Jagdausflug mit den Amigos betrügt. Aus Rache kochen sie, ihre Busenfreundin Nadja und deren Babysitterin Teresa, fortan ihr eigenes Süppchen.

Versteht sich, dass Elena Tikhonova freudig Klischees in ihre mit schicken Animationen geschmückte Posse streut. Vom Störrogen in sich hineinschaufelnden Oligarchen bis zum Wodkaschlürfen der Freundinnen, einer Balalaika-satten Filmmusik und aufgedonnertem Neureichen-Outfit ist alles dabei, was man von Russen im Ausland erwartet. Ja, selbst das von Igor verehrte Brüderchen Wladimir Iljitsch Lenin trägt als lebensgroße Statue im Zuge des Intrigenwirrwarrs zur Umverteilung des Kapitals bei. Da fehlt eigentlich nur noch Wladimir Kaminer in einer Gastrolle.

Trotzdem fallen Pointendichte und komödiantisches Timing in „Kaviar“ verhaltener als möglich aus. Bei dieser Schauspielerinnenriege, der klamaukigen Geschichte und den kyrillischen Untertiteln wären mehr Ulk-Umdrehungen möglich gewesen. Doch den Leuten gefällt’s: Beim Max-Ophüls-Festival hat Elena Tikhonova im Januar den Publikumspreis für „Kaviar“ gewonnen.

- In 10 Berliner Kinos, OmU: Krokodil, Sputnik, Kulturbrauerei

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false