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Die Original-Monty Python-Truppe: Michael Palin, John Cleese, Terry Jones, Terry Gilliam and Eric Idle (v.l.).

© REUTERS/Lucas Jackson

Kolumne: Revisited: Brexit ahoi!

Erstaunliche Entdeckung beim Wiedersehen von Monty Pythons Kultfilms „Der Sinn des Lebens“.

In London sind sie jetzt spät dran. Sie verhandeln und verhandeln, streiten, schreien, bocken, treten zurück – und nichts. Boris Johnson kann sich noch so abstrampeln als Komiker, bei den Monty Pythons hätte er am Set vielleicht den Kaffee holen können. Und der Langweiler Jeremy Corbyn hätte die Kabel getragen, er sagt nichts und stört nicht weiter.

Die Pythons haben den Brexit schon 1983 durchgezogen, und er dauerte im Prolog zu ihrem ätzenden Filmmusical „The Meaning of Life“ nur 17 Minuten. „Der Sinn des Lebens“ wurde berühmt durch die größte Kotzszene der Kinogeschichte, den frontalen Sexunterricht von John Cleese und Attacken gegen die Kirche, wie es sich heute niemand mehr trauen würde.

Im Film outet sich John Cleese als Brexit-Fan

Beim Wiedersehen erweist sich aber Terry Gilliams Vorfilm „The Crimson Permanent Assurance“ als der eigentliche Geniestreich. Die Pythons gibt es nicht mehr, John Cleese hat sich als Brexit-Fan geoutet, und bei Gilliam ist schon alles drin: Hochmut und Wahnsinn, Gewalt und Dummheit, Abschottung und Aufbruch in eine stürmische Zukunft. Der Plot dieses Piratenmärchens: In einer Versicherung arbeiten alte Männer in einem altmodischen Büro, angetrieben von jungen, ausländischen Managertypen. Die Fremden sind Tyrannen, erhöhen nach Belieben die Schlagzahl und feuern die Angestellten wie nichts.

Die Opas werfen die Besatzer aus dem Fenster

Da bricht der Aufstand der Alten aus. Die Opas werfen die Besatzer aus dem Fenster, das eingerüstete Gebäude lichtet seinen Anker und setzt die Segel – so bläht sich die Baustellenplane im Wind. Ein Kriegsschiff mit Aktenschränken, die zu Kanonen, Kleiderschränken, zu Enterhaken und Ventilatorblättern, zu Schwertern werden. Volle Kraft voraus! Schon kommt Manhattan in Sicht. Wall Street wird geentert und in Schutt und Asche gelegt. „Rule, Britannia! Rule the waves/ Britons never will be slaves.“ Das Empire ist wieder da. Die Briten, völlig losgelöst, erobern die Welt und hinterlassen eine Spur der Verwüstung.

Schön zu sehen, wie aus berechtigter Empörung entfesselte Wut aufsteigt, auf alles, was nicht britisch ist, und wie es die grimmigen Alten sind, die über die Zukunft bestimmen. Man soll „The Crimson Permanent Assurance“ nicht zu tief interpretieren, das verdirbt den Spaß an dieser Freibeuterklamotte. Nur noch schnell die Pointe: Die Briten segeln bis ans Ende der Welt, die sie fälschlich für eine Kugel halten. In Wahrheit ist sie eine Scheibe, und die stolzen Brexit-Propheten stürzen in den Abgrund.

Rüdiger Schaper

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