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Ulrike Folkerts, Karin Hanczewski und Maren Kroymann sowie Godehard Giese, Ulrich Matthes, Mark Waschke (jeweils von links nach rechts): Sechs der 185 Schauspieler*innen, die das Manifest "Act out" unterschrieben haben.

© dpa

Kollektives Coming-Out im "SZ Magazin": Gegen die Unsichtbarkeit queerer Menschen im Fernsehen

Noch immer müssen LGBTIQ-Kulturschaffende mit beruflichen Nachteilen rechnen. Eine gesamtgesellschaftliche Debatte ist überfällig.

Die „Bretter, die die Welt bedeuten“, also das Theater (plus Film und Fernsehen), repräsentieren die Welt, in der wir leben. Zumindest in der Theorie. Eine Aktion des „Süddeutsche Zeitung Magazin“, in der sich am Freitag 185 Schauspieler:innen als lesbisch, schwul, bisexuell, queer, nicht-binär und/oder trans geoutet haben, weist deutlich darauf hin, dass Kunst und Wirklichkeit 2021 noch in einem problematischen Missverhältnis stehen.

Unter den 185 Schauspieler:innen befinden sich Größen wie Ulrich Matthes, Karin Hanczewski, Maren Kroymann und Mavie Hörbiger. Einige von ihnen outen sich in dem Beitrag des „SZ Magazin“ zum ersten Mal öffentlich.

Laut Manifest wollen sie „eine Debatte anstoßen“ darüber, „was sich in der Kunst ändern muss, damit sich die Gesellschaft ändern kann“, schreiben Carolin Emcke und Lara Fritzsche, die für die Initiative – das Manifest, ein Interview mit sechs Schauspieler:innen und Abbildungen der 185 Teilnehmer:innen – verantwortlich zeichnen.

Die Aktion möchte eine breite gesellschaftliche Debatte anregen, schon die Symbolik ist dahingehend eindeutig. Die visuelle Gestaltung erinnert an die „Wir haben abgetrieben“-Kampagne des „Stern“ aus dem Jahr 1971. Sie gilt heute als Meilenstein der Frauenbewegung. Und der Hashtag „#actout“ erinnert an den Aufruf „Act up“, mit dem in den achtziger Jahren um Sichtbarkeit für HIV-Infizierte gekämpft wurde.

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In dieser Tradition der Selbstermächtigung erhebt das Manifest dreifache Anklage: gegen interne Vorgänge in der Schauspielbranche, gegen die klischeehafte Darstellung von LGBTIQs in Film und Fernsehen – und dagegen, dass viele queere Menschen weiterhin im Arbeitsleben mit Benachteiligung rechnen müssen, sobald sie ihre Sexualität und Identität offenlegen.

Entsprechend reklamiert das Manifest: „Bisher konnten wir in unserem Beruf mit unserem Privatleben nicht offen umgehen, ohne dabei berufliche Konsequenzen zu fürchten.“ Und betont, was die Aktion implizit belegt: Auf den Fernseh- und Kinobildschirmen sind queere Menschen längst viel stärker vertreten, als wir gemeinhin annehmen.

Einige der 185 Schauspieler:innen beschreiben auch, dass ihnen aufgrund ihrer sexuellen Identität bestimmte Rollen zugewiesen werden. „Weibliche Hauptrollen (...) sind meistens heterosexuell, außer es geht darum, dass zwei Lesben versuchen, ein Kind zu bekommen“, erzählt Eva Meckbach.

Die Aktion formuliert zudem die Hoffnung, eine Debatte anzustoßen, die in alle Bereichen des Kulturbetriebs, in Unternehmen, Sport und Politik hineinwirkt: „Dies ist ein solidarischer Akt über die Grenzen unserer Branche hinaus.“

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