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Düsseldorfer Schockrapper. Farid Bang und Kollegah zelebrieren in ihrem neuen Album „Jung brutal gutaussehend 3“ den Hass.

© imago

Kollegah und Farid Bang beim Echo: Den Echo kann man sich sparen

Trotz Antisemitismus-Vorwürfen: Kollegah und Farid Bang bleiben nominiert für den Echo. Und treten auch auf – am nationalen Gedenktag für die Opfer der Schoah. Das ist zynisch. Ein Kommentar.

Endlich! Helene Fischer tritt in Berlin auf. Musste sie zuletzt krankheitsbedingt fünf Konzerte in der Hauptstadt absagen, ist sie jetzt wieder fit und singt am heutigen Donnerstag bei der Echo-Verleihung in der Messe. Sie ist zudem in zwei Kategorien für den Preis nominiert, den sie schon 16 Mal gewonnen hat. Also alles wie immer?

Ja, schon, allerdings auch in einem Sinne, der dem Bundesverband der Musikindustrie – er vergibt den Echo seit 1992 – weniger gefallen dürfte: Nachdem es mehrfach Ärger um die rechtsgerichtete Band Frei.wild gab, tobt dieses Mal eine Debatte um die nominierten Rapper Kollegah und Farid Bang, die in ihrem Song „0815“ die schockierende Zeile „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ verwenden.

Mit dem Hip-Hop und Rap, der das Prädikat "Kunst" verdient, hat das Gestammel eines Kollegah oder Farid Bang nicht das Geringste zu tun. Bei den Graffiti ist das ähnlich: manche sind Kunst, die meisten aber nur Schmiererei. Nichtsdestotrotz werden sich die beiden die Hände reiben [...]. Aufmerksamkeit geweckt - Ziel erreicht.

schreibt NutzerIn meinungsfrei

Zuletzt protestierten der Zentralrat der Juden in Deutschland und das Internationale Auschwitz Komitee gegen die Nominierung. Sie sei „für alle Überlebenden des Holocaust ein Schlag ins Gesicht und ein für Deutschland beschämender Vorgang“, so das Komitee. Frauen und Homosexuelle könnten zu derselben Einschätzung kommen. Sie werden auf dem nominierten Album „Jung brutal gutaussehend 3“ ausdauernd mit widerwärtigen Sprachbildern und Schimpfworten belegt.

Dass derart menschenverachtendem Schund überhaupt die Ehre zuteil wird, für den größten deutschen Musikpreis nominiert zu werden, liegt daran, dass es sich um einen Verkaufspreis handelt. Wer wie die beiden Düsseldorfer Rapper in den Charts des Vorjahres unter die ersten fünf kommt, ist qualifiziert. Daran wollte auch die nach dem Ärger um Frei.wild eingesetzte Ethikkommission nicht rütteln. Dessen Entscheidung nennt das Auschwitz-Komitee „schäbig, feige und falsch“.

Seit dem letzten Jahr sind Fachjurys an den Echo-Entscheidungen beteiligt, was aber letztlich nichts an der grundsätzlichen Ausrichtung geändert hat: Gefeiert wird, was erfolgreich ist. Das will sich der Bundesverband der Musikindustrie nicht nehmen lassen, selbst wenn er dann Rechtsrocker oder Hass-Rapper einladen muss. Dass man Kollegah und Farid Bang bei der live im Fernsehen übertragenen Echo-Verleihung überdies noch auftreten lässt, ist allerdings nicht nachvollziehbar. Das lässt alle Distanzierungsstatements, die der Verband zur gewaltverherrlichenden Sprache des Duos abgegeben hat, wie reine Beschwichtigungsprosa wirken. Man könnte es auch zynische Doppelmoral nennen. Besonders bitter: Die Showeinlage der Düsseldorfer fällt auf Yom HaShoah, den nationalen israelischen Gedenktag für die Opfer der Schoah. So einen Preis kann man sich auch sparen.

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