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Zukunft im Blick. Klaus-Dieter Lehmann initiierte das Humboldt Forum.

© dpa

Klaus-Dieter Lehmann zum 80.: Ein praktischer Visionär

Humboldt, Kolonialgeschichte und Kooperation sind seine Themen. Klaus-Dieter Lehmann, dem Präsidenten des Goethe-Instituts, zum 80. Geburtstag.

Wenn, ja wenn im Herbst das Humboldt Forum in Berlin allmählich seine Türen und Höfe öffnet, wird es ihm eine besondere Genugtuung sein. Klaus-Dieter Lehmann war es schließlich, der dem größten und ambitioniertesten deutschen Kulturprojekt der letzten Jahrzehnte nicht nur den Namen gab, sondern auch die Seele.

Sonst stünde man heute vor einem klotzigen Schloss ohne Innenleben – oder die Riesendebatte um das Zentrum der Hauptstadt hätte eine ganz andere Wendung genommen.

Das führt zurück ins Jahr 2000. Lehmann fungierte damals als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die eigentlich schon genug Baustellen hatte. In einem Thesenpapier für die Bundesregierung schrieb er: „Ein kulturpolitisches Konzept für Berlins Mitte, auf dem Ideenansatz von Wilhelm und Alexander von Humboldt fußend, ist (...) einprägsam als Markenzeichen“ und, wie er entschieden fortfuhr, „ein neuartiger, in die Zukunft weisender Wurf.

Es ist prägend für das Verhältnis Deutschlands zu den Kulturen der Welt und wird damit zu einer nationalen Aufgabe“.

So ist es heute noch. Lehmanns Idee, die sogenannten außereuropäischen Sammlungen aus Dahlem zur Museumsinsel zu holen, hatte große Kraft, sie war visionär und pragmatisch zugleich. Und das Humboldt Forum bleibt eine gewaltige Aufgabe mit immer neuen Weiterungen und Streitpotenzial.

Stetes Unterwegssein und unerschöpfliche Neugier

Hinzugekommen ist endlich der Komplex der deutschen Kolonialgeschichte und Dekolonisierung – ein Thema, dem sich auch das Goethe-Institut verstärkt widmet. Im Juni gibt es dazu in Berlin eine große Veranstaltungsreihe.

Seit April 2008 ist Klaus-Dieter Lehmann Goethe-Präsident. Er denkt und arbeitet als GI-Eminenz im Sinne der Humboldts – weltweit vernetzt, politisch wach, auf der Seite der freien Köpfe und Kreativen, die in vielen Ländern von der der Unterstützung des Goethe-Instituts profitieren.

Die Verbindung von Kultur und Wissenschaft, Politik und Sprache, die eigene Anschauung anderer Kulturen, das stete Unterwegssein, eine unerschöpfliche Neugier – was Lehmann auszeichnet, könnte von Humboldt sein.

Lehmann hat dem Goethe-Institut ein stetiges Wachstum beschert, das schlägt sich in den Geschäftszahlen nieder. Schwerer messbar, aber umso wichtiger sind Einfluss und Wirkung der vom Goethe-Institut angestoßenen Projekte, vor allem jüngst in Afrika.

Stärkung der Zivilgesellschaften durch Kooperation, Auf- und Ausbau kultureller Infrastruktur, das sind klassische Gebiete des Goethe-Präsidenten, dem etwas Bundespräsidiales eigen ist. Dabei geht es ihm nicht nur um künstlerische, sondern auch ökonomische Perspektiven.

„Innen und Außen sind keine getrennten Welten mehr“

Wenn Lehmann sagt, „europäische Kultur ist eine Migrationskultur“, tritt er Rassismus und Nationalismus entgegen. Und er spricht damit eine ihm sehr am Herzen liegende Sache an. Er wünscht sich, dass die vielfältigen Erfahrungen der Goethe-Institute in der Welt auch zu Hause eine Rolle spielen. Das Goethe-Institut soll ein „Mandat für Deutschland“ bekommen, denn, wie Lehmann argumentiert: „Innen und Außen sind keine getrennten Welten mehr.“

Manches mag wohlfeil klingen, was der gebürtige Breslauer nicht müde wird zu sagen. Aber noch längst sind seine Ansichten über Kultur und Migration nicht überall angekommen, im Gegenteil. Das gesellschaftliche Klima verschlechtert sich in der Bundesrepublik.

Im Ausland haben etliche Goethe-Niederlassungen mit den neuen autoritären Strömungen zu kämpfen. Abschottung, Ignoranz, politische Blindheit sind Phänomene, die ihn beschäftigen. Er glaubt fest an die politische Kraft von Bildung.

An diesem Samstag feiert Klaus-Dieter Lehmann seinen 80. Geburtstag. Geboren am 29. Februar, kann er das ja nur alle vier Jahre à jour. Im November gibt er das Präsidentenamt an Carola Lentz ab – auf einen Mathematiker und Physiker folgt eine Anthropologin. Sie wird ein gut geführtes Institution übernehmen, was auch an der Zusammenarbeit von Präsident Lehmann und Generalsekretär Johannes Ebert liegt. Lehmann gilt in der Münchner Zentrale und überall in der Welt als nahbarer Präsident der Goethe- Gemeinschaft.

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