zum Hauptinhalt
Offen für Neues. Die Stipendiaten der Karajan-Akademie.

© Peter Adamik

Klassik trifft auf Social Media: Die Karajan-Akademie entdeckt ihre Liebe für Youtube

Die Stipendiaten der Karajan-Akademie nutzen den Youtube Space in Berlin - und finden neue Inspiration. Es ist die erste Kooperation dieser Art.

Vom ungemütlichen Herbstwetter bekommt man im frisch eröffneten Youtube Space gegenüber dem Bode-Museum zum Glück wenig mit. Viele Fenster gibt es dort nämlich nicht. Was verständlich ist, sind doch die Video- und Tonstudios, das Herzstück des Gebäudes der Google-Tochter. Und Tageslicht bei Aufnahmen eher hinderlich.

An diesem Abend laufen viele junge Leute durch die arg stylischen Chillout-Areas, die Studios und Gänge. Sie sind zwar im weitesten Sinne auch in der Unterhaltungsbranche tätig, aber ganz bestimmt keine „Creators“ im klassischen Sinne.

So nennt Youtube die Nutzer, die hier im Space normalerweise vor den Kameras agieren. Die ungewöhnlichen Gäste sind Musikerinnen und Musiker der Karajan-Akademie, dem Stipendien- und Ausbildungsprogramm der Berliner Philharmoniker.

„Ich bin eigentlich kein riesiger Social-Media-Fan“, sagt die polnische Geigerin Ania Filochowska. „Aber ich liebe Youtube!“ Die Akademisten verbringen den ganzen Tag im Youtube Space, erhalten eine Führung sowie Workshops. Obwohl der Youtube-Kanal der Karajan-Akademie eigentlich zu wenig Abonnenten hat, um den Space nutzen zu dürfen. 10 000 wären dafür nötig, die Nachwuchsmusiker verzeichnen bisher rund 4000.

Um das zu ändern, wurde vor einem Jahr eine Kooperation zwischen der Akademie und Youtube vereinbart. Es ist die erste, die der Techkonzern mit einer Bildungseinrichtung für klassische Musik eingegangen ist.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Nur auf die Bühne gehen und spielen reicht heute vielleicht nicht mehr“, überlegt Ania Filochowska. „Wir müssen kreativer werden, auch auf Youtube, um junge Leute zu erreichen.“

Seit Herbst 2018 ist sie bei der Akademie, genauso wie Christopher Williams. Der 28-jährige Hornist stammt aus dem Mittleren Westen der USA.

Nach Berlin und zu den Philharmonikern zu kommen war schon lange sein Traum: „An der Uni wollten die meisten Musiklehrer werden. Ich war mir aber schon früh sicher, dass ich Horn bei den Philharmonikern spielen möchte.“ Diesem Wunsch ist er jetzt ein gutes Stück näher gerückt.

Ein Mitarbeiter, der wie fast alle hier schwarzes Firmenshirt und Jeans trägt, erklärt den angehenden Orchesterprofis die Funktionsweise der Studios.

Neben drei topmodernen Videostudios gibt es auch ein Tonstudio inklusive Gesangskabine. Die Dependance in Berlin soll nämlich besonderen Fokus auf Musik legen. Bands und eben auch Musiker aus dem Klassikbereich werden die Möglichkeit haben, hier aufzunehmen.

Youtube gibt Tipps zur Inszenierung

Junge Musikerinnen und Musiker müssen sich heute vermehrt auch im digitalen Raum präsentieren. „Mir fällt es schwer, mich selber zu inszenieren“, sagt Filochowska, „denn mir ist es wichtig, authentisch zu sein. Das ist online nicht leicht.“

Es wird auch immer üblicher, sich auf digitalem Weg zu bewerben und sogar vorzuspielen, oft sehr kurzfristig. Das heißt im Zweifel, noch im Hotelzimmer eine Aufnahme von sich mit dem Mobiltelefon zu machen.

Der Youtube-Mitarbeiter hat da ein paar Tipps. „Ihr müsst ganz besonders auf den Hintergrund achten. Dort dürfen nicht zu viele Dinge rumstehen. Und wenn doch, dann müssen sie richtig angeordnet sein.“

Ganz wichtig sei auch die richtige Beleuchtung. „Hier, seht ihr?“, sagt er und dreht einen Scheinwerfer: „So sieht das gleich besser aus, oder?“ „Oooh“ und „aaah“ kommt es von allen Seiten. Auf dem Bildschirm, der zeigt, was die Kamera aufnimmt, ist die Veränderung des Schattenwurfs klar zu erkennen.

„Dieser Ort ist echt inspirierend“, findet Christopher Williams

Auch der Youtube-Kanal der Karajan-Akademie kann von solchen Hinweisen profitieren. Dort gibt es neben Konzertmitschnitten zwar auch innovativere Formate wie Behind-the-scenes-Videos oder einen digitalen Meisterkurs mit Noah Bendix-Balgley, dem Konzertmeister der Berliner Philharmoniker.

Bisher sind jedoch nahezu alle Videos in Innenräumen der Philharmonie aufgenommen, unzählige Notenständer bilden meist den etwas unruhigen Hintergrund der Aufnahmen. Das ist alles nicht schlecht gemacht, Verbesserungspotenzial gibt es aber definitiv.

„Dieser Ort ist echt inspirierend“, sagt Christopher Williams zum Schluss des Tages, „es gibt so viele Möglichkeiten.“ Man könne ja mal eine Art Musikvideo drehen, das die Gedanken des Komponisten oder der Komponistin in Bilder umwandelt. Die Möglichkeiten dazu sind im Youtube Space definitiv vorhanden. Und die Stipendiaten haben auf jeden Fall genug Ideen.

Elias Pietsch

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false