zum Hauptinhalt

Kultur: Klangwandler

Transkriptionen für Banda und Trio im Konzerthaus

Man darf darüber spekulieren, ob das Festivalmotto „Aus zweiter Hand“ neugierig darauf macht, im Konzerthaus mehr über die Rolle von Transkriptionen in der Musik zu erfahren (bis 13.11.). Es klingt so, als müsse man angestrengt die Augen aufhalten, um zu erkennen, ob nicht irgendwo verdeckter Verschleiß am Original aufgetreten ist. Dabei kann das Spiel mit Vorlagen über die Grenzen von Jahrhunderten und Genres hinweg in heiterem Erkenntnisgewinn widerhallen. Das kann man erleben beim Auftritt der Osttiroler Musikbanda Franui im Werner-Otto-Saal.

Benannt nach einer Bergwiese bei Inner- villgraten rücken die Musiker mit alpinem Gerät den Klassikern auf den Pelz. Fürs Konzerthaus haben sie aus dem Fundus ihrer Bearbeitungen von Schubert-, Brahms- und Mahler-Liedern ein „Ständchen der Dinge“ komponiert – für Hackbrett und Tuba, Zither und Trompete, Akkordeon und Violine. „Die Meere“ von Brahms rollen in sanften Pizzicato-Wogen, in Mahlers „Das irdische Leben“ ächzt die Klarinette todeswund. Der Gustav hätte es beinahe zum Innervillgratener Tonsetzer gebracht. Aber er bog falsch ab und bezog sein Komponistenhäuschen in Toblach, hinterm Berg. Vielleicht legt sich die Banda bei ihren Wunderhornlieder-Paraphrasen deshalb so Stein erweichend ins Zeug. Auf wunderliche Weise gerät Franui dabei jedes Stück zum Trauermarsch, zu einem hochprozentigen Destillat des Lebens. Hoch die Becher! Ulrich Amling

Wenn es einen Preis für die intelligenteste Liszt-Hommage gäbe, dann wäre das Transkriptionen-Festival „Aus zweiter Hand“ ein heißer Anwärter. Und weil hier Inhalte vor Personen gehen, kommen auch die Gäste des Jerusalem Chamber Music Festivals ohne ein Werk des Jubilars aus. Facettenreich frönen die Pianistin Elena Bashkirova und ihre Partner der Lust an der Transkription: An Schumanns Studien für Pedalflügel in der Klaviertriobearbeitung von Theodor Kirchner sowie an Alban Bergs Eigenbearbeitung des Adagios seines Kammerkonzerts op. 8 für Geige, Klarinette und Klavier zeigen sie, wie durch Klangfarbenverdichtung die Intensität des Originals gesteigert werden kann.

Beethovens zweite Sinfonie in historischer Klaviertriofassung wirkt in den Begleitfiguren bisweilen auch kurios, weil das Arrangement mit der klanglichen Verschmelzungsfähigkeit des historischen Pianoforte rechnet. Das durchgearbeitete Larghetto aber wird zu einem Herzstück des Abends: Bashkirovas Klarheit in Ton und Phrasierung, die Fähigkeit ihres Sohns Michael Barenboim, im kontrapunktischen Spiel den Ton seiner Partner auf der Geige zu spiegeln, und Frans Helmersons subtile Klangfarbendramaturgie auf dem Cello. Dass auch Paul Hindemiths Klarinettenquartett nach einer genialen Bearbeitung schmeckt, ist das Verdienst von Karl- Heinz Steffens, der dem langsamen Satz mit berückendem Pianissimo die Anmutung des Mozart’schen Klarinettenkonzerts verleiht. Carsten Niemann

Zur Startseite