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In "Sideral" verwandeln Marcela Armas und Gilberto Esparza die magnetischen Schwingungen eines Meteoriten in Klänge.

© Roman März

Klangkunst aus Deutschland und Mexiko: Sichtbare Klänge

Drohnen, Meteoriten und präkolumbianische Tempel: Die Kreuzberger Ausstellung „Entre Límites – Zwischen Grenzen“ zeigt Klangkunst aus Deutschland und Mexiko.

Drei Drohnen bewegen sich im Kreis, eine vierte steigt langsam auf. Neben dem Rotieren der Propeller geben sie noch andere, sphärenhafte Klänge von sich. Als die fliegende Drohne ihren Platz erreicht, fügen sich Lärm und Musik zum Akkord.

Sphärenmusik – der in Berlin lebende Klangkünstler Jens Brand nimmt Bezug auf eine Idee aus der Antike: Durch die Bewegung von Himmelskörpern entstehen Töne, die einen harmonischen Klang bilden, gleichsam die hörbare Ordnung des Universums. Und die Drohnen sind nicht nur Überwachungsinstrument, Freizeitspaß und Kriegsgerät, sondern immer öfter auch – Kunst. Ein bisschen absurd wirkt das Ganze schon.

Bildende Kunst begegnet Musik und Wissenschaft

Die Installation „Tektrakys“ im Projektraum der Schering-Stiftung ist Teil von Jens Brands Serie „Weltmaschinen“ und gehört zur Ausstellung „Entre Límites – Zwischen Grenzen“, die Klangkunst aus Mexiko und Deutschland vereint. Die anderen Arbeiten finden sich im Kunstraum Kreuzberg am Mariannenplatz, dort gelangt man über dunkle Gänge von einem Werk zum anderen, alles muss schalldicht isoliert sein, damit die Sounds einander nicht stören. Die Schau mit Performances, Skulpturen, Installationen, Videos und Hörspielen demonstriert Intermedialität und Interdisziplinarität: Die Bildende Kunst begegnet der Musik und der Wissenschaft.

Das mexikanische Duo Marcela Armas und Gilberto Esparza hat einen Eisenmeteoriten aus einer Berliner Sternwarte untersucht. Mithilfe eines selbstgebauten Instruments maßen sie die magnetischen Schwingungen des Himmelskörpers und wandelten sie in Klänge um. Im Bethanien zeigen sie eine Projektion des Meteoriten und umgeben ihn mit einem dichten Klanggewebe, das sich im Einklang mit dem Stein zu drehen scheint.

Eine auditive Flucht aus dem grauen Berlin

„Entre Límites“ ist das Ergebnis eines dreijährigen Residenz- und Austauschprojektes, initiiert vom Goethe-Institut Mexiko und der Klangkunst-Plattform Singuhr-Projekte. Stefan Roigk zeigt in seiner Installation Dinge aus dem Alltag in Morelia, die ihm während seiner Zeit dort aufgefallen sind: riesige Wasserflaschen, orangefarbene Kabel, Trichter und Papierfähnchen, verbunden mit dem Sound der Stadt. Stefan Rummel fertigt eine raumfüllende Treppenskulptur an, deren steile Stufen an präkolumbianische Tempelaufgänge erinnern. Der Österreicher Sam Auinger zeigt mehrere seiner in Mexiko-Stadt entstandenen Arbeiten, darunter einen Hörspaziergang durch die Megacity. Zwischen Verkehrslärm und Vogelgezwitscher dringt fröhliche Musik aus den Bars auf die Straße – eine auditive Flucht aus dem grauen Berlin.

Auf bunte Folklore verzichtet die Ausstellung zum Glück, zumal vor allem die abstrakteren Arbeiten beeindrucken, etwa Rogelio Sosas „Nodal“: ein Versuch, Klang zu visualisieren. In einem dunklen Raum schwingen weiße Schnüre zu sich ständig ändernden Frequenzen. Fast scheint es, als erzeugten die Seile selber die Töne; in hoher Lage schwingen sie so schnell, dass nur mehr ein weißes Flirren zu sehen ist. Ein hypnotisches Werk, das einen gerade in seiner Einfachheit in Bann zieht.

Kunstraum Kreuzberg / Bethanien, Mariannenplatz 2, tgl. 11–20 Uhr, Jens Brand: Schering Stiftung, Unter den Linden 32–34, Do bis Mo 13–19 Uhr, bis 15.1.

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