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Kostenloser Eintritt für ukrainische Geflüchtete: Kino an den Hackeschen Höfen in Berlin.

© Tagesspiegel/Doris Spiekermann-Klaas

Kino, Museum, Künstlerförderung: Wie Kultureinrichtungen geflüchteten Ukrainern helfen

Vielerorts erhalten Geflohene freien Eintritt für Filme und Ausstellungen. Verbände und Vereine unterstützten ukrainische Künstler bei der Ateliersuche.

Böse Mächte entführen ein Drachenbaby; ein Zwerg und ein Waschbär helfen bei seiner Befreiung. Der ukrainische Kinderfilm „Clara und der magische Drache“ aus dem Jahr 2019 erhält mit der russischen Invasion in der Ukraine eine ganz neue Bedeutung. Doch die geflüchteten Kinder und Familien, die zu den kostenlosen Sondervorstellungen ins Berliner Hackesche Höfe-Kino kommen, freuten sich vor allem über die kurze Ablenkung, berichtet Geschäftsführer Gerhard Groß.

Wie aktuell viele Kultureinrichtungen, bietet auch sein Kino Geflüchteten freien Eintritt. „Die meisten Gäste, die wir empfangen, sind Frauen mit Kindern – ihren eigenen oder denen von Verwandten und Freunden.“ Deshalb will er mehrere ukrainische Kinderfilme ins Programm nehmen, den Anfang macht seit Ende März „Clara“.

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Gezeigt wird der Film in der Originalsprache – ohne deutsche Untertitel, die könnten Vor- und Grundschulkinder noch nicht verarbeiten. „Da muss man sich entscheiden.“ Auch Filme ohne Dialog wie „Shaun das Schaf“ will Groß zeigen, am liebsten für „Willkommensklassen“ aus Deutschen und Ukrainer:innen.

Auch im Kunstbetrieb gewähren zahlreiche Einrichtungen geflüchteten Ukrainer:innen freien Einlass. „Wir möchten unsere Solidarität nicht nur symbolisch ausdrücken, sondern auch ganz konkret“, schreibt eine Mitarbeiterin des Berliner Technikmuseums dem Tagesspiegel. Seit dem 9. März erhielten dort Menschen aus der Ukraine freien Eintritt. „Bisher konnten wir 1048 Besuche verzeichnen.“

Auch hier ist der Eintritt für Menschen aus der Ukraine frei: in der Berlinischen Galerie.
Auch hier ist der Eintritt für Menschen aus der Ukraine frei: in der Berlinischen Galerie.

© promo/Nina Straßguetl

Die Berlinische Galerie und die staatlichen Museen zu Berlin, zu denen etwa die Alte und die Neue Nationalgalerie gehören, erlassen ukrainischen Geflüchteten ebenfalls den Eintritt. Als Nachweis genügt ein ukrainischer Ausweis, Reisepass oder eine Aufenthaltsgenehmigung.

Angebote für Künstler:innen

Nicht nur den Gang ins Museum machen viele Häuser Ukrainer:innen leichter. Auch für ukrainische Künstler:innen entstehen zahlreiche Angebote. Der Berufsverband Bildender Künstler:innen Berlin (bbk berlin) etwa erlässt Geflüchteten seit Anfang der Woche die Gebühren für die Nutzung der Keramik-, Medien- und Bildhauerwerkstätten, also etwa für Brennöfen.

Außerdem hat der bbk berlin am 31. März ein eigenes Verzeichnis online gestellt, über das Geflüchtete Atelierräume finden und anmieten können. „Wir wollen akut Hilfe leisten“, sagt Mitarbeiterin Jana Burkhardt. Die knapp tausend regulären, vom Land geförderten Atelierplätze unterlägen einem langfristigen Vergabeprozess; das jetzige Angebot sei dagegen eine Art „Schwarzes Brett“, so Burkhardt. Der bbk berlin prüfe die Inserate und veröffentliche sie dann auf der Webseite. Bisher sind allerdings erst wenige eingegangen.

Gemeinschaftsateliers am Rande Berlins

Der Künstlerhof Frohnau am Rande Berlins vergibt Gemeinschaftsateliers mit Schlafplätzen. „Sieben Zimmer, davon sind zurzeit fünf belegt“, sagt der Vorstandsvorsitzende Kaya Behkalam. Die Kontakte seien meist über Instagram zustande gekommen, dort hat der Künstlerhof einen Aufruf gepostet. „Da sind jetzt auch Menschen dabei, die gar keine Künstler sind, aber sich einfach schnell gemeldet haben“, sagt Behkalam.

„Vierzig bis fünfzig“ reguläre Atelierplätze gebe es. Die Geflüchtetenhilfe sei für den kurzfristigen Aufenthalt gedacht, „für ein paar Wochen oder Monate“. In dieser Zeit unterstütze der Künstlerhof die Untergekommenen bei ihrem Alltag: bei Behördengängen etwa oder der Corona-Impfung. „Wir wollen ein Support-Netzwerk bieten.“ Im Herbst sei ein gemeinsames Kunstfestival geplant.

Kunststiftung gibt 2,5 Millionen Euro

„Wir sind schneller und flexibler als die staatliche Förderung“, sagt Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst-von-Siemens-Kunststiftung. 2,5 Millionen Euro stellt die private Stiftung zur Verfügung, um ukrainische Restaurator:innen in deutschen Museen zu beschäftigen.

Die Museen müssen dabei die Anträge stellen. Meist haben sie schon Kontakt zu bestimmten Kolleg:innen aus der Ukraine, die für sie arbeiten könnten. Sie sind also der Filter, den die Stiftung nutzt, um das Programm effizient zu halten. „Wir schauen nicht lange, ob die ukrainischen Abschlüsse den deutschen entsprechen – oder dergleichen. Uns kommt es darauf an: Kann die Person schnell im Museum mitarbeiten?“ Der „klassische Fall“, sagt Hoernes, sei „die Kunsthistorikerin mit Kind, deren Mann jetzt kämpft“.

Unter den geförderten Museen befinde sich etwa das Berliner Bode-Museum oder die Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden, aber auch die deutlich kleineren Lübecker Museen. Die suchen zum Beispiel eine Mitarbeiterin, um die ukrainische Volkskundesammlung zu überarbeiten. „Die Museen haben immer zu wenig Mitarbeitende“, sagt Hoernes. Die Geflüchteten leisteten dank ihrer Expertise wertvolle Arbeit. „Das Programm ist nicht nur karitativ, da kommt Output heraus.“

Sieben Verträge seien bereits abgeschlossen worden, knapp eine halbe Million Euro habe die Stiftung dafür schon ausgegeben. Die Verträge seien in der Regel auf ein Jahr befristet. „Aber die meisten der Geflüchteten wollen schon früher zurück.“

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