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Listig. Maus (Bettina Maria Bauer) und Eule (Nico Brada).

© Bettina Stöß

Kinderoper „Der Grüffelo“: Mein bester Freund, das Monster

Eines der populärsten Bilderbücher wird zur Oper: die Uraufführung von Iván Fischers „Der Grüffelo“ im Berliner Konzerthaus.

Kaum haben die großen und kleinen Zuhörer im Werner Otto-Saal Platz genommen, da sind sie auch schon wieder draußen. So kurzweilig jedenfalls erscheint Iván Fischers Kinderoper „Der Grüffelo“, ein Auftragswerk des Konzerthauses, um das junge Publikum „ran an die Klassik“ zu bringen.

Fischer hat dafür eines der populärsten Bilderbücher ausgewählt: „Der Grüffelo“, eine einfache Geschichte mit Hintersinn, ein Hymne auf List und Fantasie. Durch viele Fassungen und Umformungen ist sie bereits gegangen, als Film, als Puppen- und sonstiges Theater, auch von Schulklassen aufgeführt. Doch Fischer hat ein Alleinstellungsmerkmal: klassische Musik! Und zeigt gleichzeitig, dass es „die“ Klassik gar nicht gibt, so wenig vielleicht wie den Grüffelo, dieses furchterregende Tier mit langen Zähnen, Klauen und Stacheln auf dem Rücken. Die kleine Maus erfindet ihn als ihren „besten Freund“, um die anderen Tiere des Waldes abzuschrecken, denn die betrachten sie nur als willkommenes Frühstück oder Abendessen. Fischer lässt sie mit göttlichem Leichtsinn durch den Wald marschieren, den Bühnen- und Kostümbildnerin Sabine Lindner mit liebevoller Farbenfreude in Szene setzt, getreu der Bilderbuch-Vorlage des Zeichners Axel Scheffler. Auch Fischer vertont jedes Wort der Textvorlage von Julia Donaldson. Das hindert ihn nicht, Bettina Maria Bauer die vertracktesten Koloraturen in die „geläufige Gurgel“ zu schreiben, frei nach Mozartschem Vorbild.

Die bewältigt die junge Sängerin, begleitet von Piccoloflöte und Fagott, mit Bravour, ohne je die naiv-ängstliche Haltung zu vergessen, die Regisseurin Birgit Eckenweber ihr abverlangt. Nicht weniger pittoresk: Jeongmin Nam als Fuchs mit feinem Tenor in prächtigem rotem Frack, von Harfe und Klarinette charakterisiert, oder Nico Brada als Eule mit würdigem Bariton und überdimensionaler Brille, im kauzigen Klanggewand von Flexaton und Violoncello.

Farbenreiche Darbietung der musikalischen Stilvielfalt

Alessia Schumacher (Sopran) und Lukas Eder (Bariton) führen durch die Handlung und erschaffen zugleich mit Pinsel und Palette die visuelle Ebene. Denn alles hier ist Ausgeburt gestalterischer Fantasie. So auch die schlüpfrige Schlange, welcher der Komponist Vibraphon, Oboe und Becken zuordnet. Schwer zu sagen, ob Yuri Mizobuchis chromatisch geführter Mezzosopran geschmeidiger ist oder ihre tänzerischen Bewegungen, die sie nie über ihre überdimensionale Schleppe stolpern lassen.

Hübsch ist das, von einer virtuos gehandhabten musikalischen Stilvielfalt, die ein von Róbert Farkas geleitetes kleines Ensemble farbenreich darbietet. Die Maus fantasiert den Grüffelo mit Tango-Klängen. Das mag schon der Gipfel der Verruchtheit in der heilen Klassikwelt sein – das reale fürchterliche Gelächter lässt er zu Heavy-Metal-Rhythmen erschallen. Langhaarig, gepierct und in Motoradkluft ist Christoph Brunner (Bass) ein Rockmusiker-Verschnitt, ein nicht unattraktives Abbild des Bösen. Davor muss man sich wohl hüten lernen. Was von Klischees nicht frei ist, ist für Kleine ab Vier sicherlich Erfahrungs- und Diskussionsstoff genug.

wieder am 25. und 26. Mai

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