zum Hauptinhalt
Komplizen wider Willen. Tom Wlaschiha (links) und Ken Duken.

© epd

Ken Duken dreht "Berlin Falling": Pulp Fiction in Brandenburg

Eine zufällige Begegnung an der Straße und eine Bombe im Gepäck: Ken Dukens Regiedebüt „Berlin Falling“ ist ein düster-rasanter Thriller.

Eigentlich hatte Frank für klare Verhältnisse gesorgt: „Ich hör gern laute Musik und hab keinen Bock auf Gelaber.“ Der Tramper Andreas stört sich dennoch an der Musik und unternimmt unverdrossen Konversationsversuche. Weniger erwartbar ist, dass in seiner Reisetasche eine Bombe zum Vorschein kommt – die erste der schwindelerregenden Wendungen in „Berlin Falling“, dem Regiedebüt des Schauspielers Ken Duken. Wenn es eins hier nicht gibt, dann klare Verhältnisse.

Ein Held im Wanken

Schon der von Duken gespielte Frank ist voller Widersprüche. Dass er seine Tochter ein paar Tage von seiner getrennt lebenden Frau übernehmen soll, scheint ihm viel zu bedeuten. Dabei ist er bereits mit seinem eigenen Leben heillos überfordert. Für die mehrstündige Autofahrt nach Berlin deckt er sich an einer Tankstelle mit harten Alkoholika ein. Dort wird er von Andreas (Tom Wlaschiha) angesprochen, diesem leutseligen Burschen mit einer Bombe im Gepäck.

So deutsch die flache Landschaft, die sie in der Folge durchqueren, so amerikanisch sind die Genrebilder, an denen sich der Film orientiert. Besonders Quentin Tarantino steht unverkennbar Pate, wenn Andreas über Hamburger philosophiert oder die Kamera bei einem Zwischenstopp aus dem geöffneten Kofferraum heraus filmt. Und wie der Horrorfilm „From Dusk Till Dawn“, dessen Drehbuch von Tarantino stammt, mutiert auch „Berlin Falling“ mittendrin von einem mit eruptiver Gewalt und wohldosierter Komik angereicherten Roadmovie in etwas völlig anderes. Vampire spielen hier allerdings keine Rolle. Stattdessen geht es darum, was es mit der Bombe auf sich hat.

Mut zum Genrekino

Das Thema Terror kommt im aktuellen deutschen Kino bislang wenig vor. Insofern ist „Berlin Falling“ der Mut hoch anzurechnen, es recht unbefangen als Genrestoff zu nutzen. Dass der Thriller nicht in allen Einzelheiten aufgeht, dass etwa Frank viel zu spät an Kontur gewinnt, ist da verschmerzbar. Als die Macher die Idee zu dem Projekt hatten, muss ihnen die Handlung verwegen vorgekommen sein. Dass sie mittlerweile von der Wirklichkeit eingeholt wurde, sagt einiges aus über unsere Zeit, in der es die Fiktion gegenüber der Realität immer schwerer hat.

Originell ist „Berlin Falling“ auch bei der Wahl seines Vertriebswegs: Wer ihn im Kino sehen möchte, wo die beklemmende, düstere Atmosphäre am besten zur Geltung kommt, hat dazu nur wenige Tage Zeit. Anschließend wandert er ins Programm des Bezahlsenders und Koproduzenten Sky. Also was nun, ein Fernseh- oder ein Kinofilm? Auch in der Filmbranche scheint es mit den klaren Verhältnissen vorbei zu sein.

Wieder an diesem Samstag (15. Juli 2017) in 13 Berliner Kinos, danach im Pay-TV-Sender Sky

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false