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Kultur: Keine Experimente, bitte

Die 37. Art Cologne behauptet sich in einem verschärften Wettbewerb und setzt dabei auf bewährte Klassiker

Nur diese Messe noch, dann hat man es fast geschafft – am Rande der diesjährigen Kunstmesse Art Cologne war dieser Seufzer des Öfteren zu hören. Als vierte Kunstmesse in diesem Monat – nach Berlin, Paris und London – drohte der traditionsreichste deutsche Kunstmarkt nicht nur zeitlich ein Schlusslicht zu setzen. Seit Jahren wirtschaftet man in Köln zwar mit solidem Erfolg vor sich hin, spektakuläre Kunst-Entdeckungen hingegen macht der internationale Sammler jedoch längst an anderer Stelle. Die gute alte Kölner Kunstmesse mag im Rheinland immer noch die bedeutendste sein – international droht sie schon seit langem den Anschluss zu verlieren. Der von den Veranstaltern der in diesem Jahr erstmalig stattfindenden Londoner Frieze Art Fair gewählte „Kampftermin“ zwischen Berlin und Köln hat in diesem Jahr den Druck zusätzlich verstärkt und Sammlerinvestitionen weggesogen.

Zur wachsenden Konkurrenz kommt die hausgemachte Krise, ausgelöst durch das Wegbrechen international renommierter Galerien wie Thaddaeus Ropac aus Salzburg oder White Cube aus London und die ewige Diskussion um die Platzierung der rund 230 Galerien in den Rheinhallen. Doch nun hat man endlich auch in Köln die Zeichen der Zeit erkannt – und dem Lamento Taten folgen lassen. Im September wurde der Kunsthistoriker und ehemalige Christie’s-Mitarbeiter Gérard Goodrow zum neuen Direktor der Messe ernannt. Der Deutsch-Amerikaner, der Köln wieder zur „Nummer Zwei nach Basel“ machen will, führte schon jetzt einige Veränderungen ein, etwa eine neue Messegastronomie oder von Raufaser befreite Wände, was das Messegelände deutlich zeitgemäßer erscheinen lässt. Auch den Sammlern wurde ein besonderer Service zuteil: Für sie wurden eigens ein eigenes Hotel angemietet und Kunstexkursionen ins Umland organisiert. Zusätzlich erhielten erstmals 300 Künstler eine VIP-Card. Die wirklichen Veränderungen werden sich aber erst im nächsten Jahr zeigen, wenn Goodrow den seit Jahren umstrittenen Zulassungsausschuss durch ein international zusammengesetztes Komitee ersetzen will.

In der Gegenwart steht jedoch das insgesamt hochrangige, wenn auch recht konservative Angebot der Messe im Zentrum, das vor allem im Bereich der klassischen und Nachkriegsmoderne mit Werken von teils musealem Rang zu bestechen weiß. Diese Mischung könnte auch in Zukunft ein Stabilitätsgarant für Köln sein, wie die zufrieden stellenden Verkäufe gerade in diesem Segment signalisieren. „Köln ist unsere europäische Repräsentanz, und daran wird sich auch nichts ändern. Hier gibt es die Sammler und die Museen, die sich für unser Angebot interessieren“, konstatiert Maxwell Davidson, der in diesem Jahr mit einer raren „Great American Nude“ (1,5 Millionen US-Dollar) von Tom Wesselman ein Glanzlicht setzt, das sich ebenso in einem Museum finden könnte.

Im Bereich der Gegenwartskunst sind dagegen Verschiebungen unübersehbar – so fehlen in diesem Jahr etwa Hauser & Wirth (Zürich), neugerriemschneider (Berlin), Eigen + Art (Berlin/Leipzig), die alle London den Vorzug gaben. Nur wenige Kunsthändler lassen Raum für Experimente. Gerade bei den jüngeren Galerien gibt es kaum etwas Neues zu entdecken; man hat bewährte Namen und moderate Preisklassen im Angebot. Das Bemühen um Qualität spiegelte sich auch in der Einrichtungen museal anmutender Präsentationen einzelner Galerien wider. So setzt Christa Schübbe (Düsseldorf) ihren Stand ganz ins Zeichen der deutschen Künstlergruppe „Spur“ – präsentiert sogar eigens einen Katalog, was ihr sogleich die Aufmerksamkeit einiger Museen einbrachte.

Bei den jungen Galerien fiel einmal mehr der Trend zur Malerei ins Auge, der auch die Förderkojen prägte: Großformatig-trashige Landschaften von Sven Kroner oder die leuchtenden Apokalypsen in Buntstift von Slawomir Elsner standen neben pubertär Hingetuschtem von Anny Özturk und den kühlen architektonischen Konstruktionen des Leipzigers Martin Kobe.

Augenfällig war der Rückgang der noch vor ein paar Jahren sich überall auf der Messe ausbreitenden Fotografie: Die Schüler von Bernd und Hilla Becher und deren Schüler waren kaum zu finden. Auch hier besinnt man sich auf altbewährte Klassiker, wie die Kölner SK-Stiftung und Galerist Thomas Zander ein weiteres Mal beweisen. Zander setzte ganz auf die amerikanischen „New Topographers“ und „New Colour Photographers“ wie Stephen Shore, William Christenberry, William Eggleston oder Tom Wood. Er zeigte aber auch ein paar bis dato nahezu unbekannte, frühe Aufnahmen von Diane Arbus und Fotografien aus Lewis Baltz’ berühmter Serie „Park City“ von 1979, die als Block von 20 Aufnahmen 75 000 Euro kosten.

Wer nach dem Messemarathon noch nicht genug hatte, konnte in einen Shuttlebus steigen und sich zur Kölner Konzerthalle „Palladium“ fahren lassen. Hier haben Walter Gehlen und Andreas Lohaus die Art Fair eingerichtet, die nach dem Vorbild der „Affordable Art Fairs“ in London oder New York junger Kunst unter 5000 Euro ein Forum bieten will und sich als feste Ergänzung zur Art Cologne etablieren möchte. Im Gewirr der Gänge konnte der geneigte Besucher tatsächlich auch einige profilierte Galerien wie TZR (Bochum), Albrecht (München) oder OMC (Düsseldorf) entdecken. Seippel (Köln) überzeugte an einem klar strukturierten Stand mit südafrikanischen Künstlern wie der Biennale-Teilnehmerin Berni Searle oder Mbongeni Buthelezi, die in eigenen Kojen präsentiert wurden. Insgesamt ließen Qualität und Übersichtlichkeit jedoch zu wünschen übrig. Hier muss noch einiges an Arbeit geleistet werden, wenn die Art Fair die junge, preiswerte Nische qualitätsvoll besetzen will.

Art Cologne, Messegelände Köln-Deutz/ Rheinhallen, bis 2. November, täglich 11 – 19 Uhr, Katalog 18 Euro .

Magdalena Kröner

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