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Die Kammerakademie Potsdam

© Kammerakademie

Kammerakademie Potsdam mit Joseph und Michael Haydn: Bruderkampf

Joseph Haydn kennt jeder, seinen Bruder Michael Haydn dagegen kaum jemand. Und doch hat der keine schlechtere Musik geschrieben. Die Kammerakademie Potsdam hat jetzt beide aufgeführt.

1:0 für den kleinen Bruder: Wo schon Werke von Joseph Haydn oft als Einspielstücke verkannt werden, erwartet man nicht viel von einer Symphonie des fünf Jahre jüngeren Michael. Fehleinschätzung, wie sich beim Konzert der Kammerakademie Potsdam im Kammermusiksaal zeigt: Die Sinfonie in B-Dur nimmt mit horngesättigtem, feurigem Beginn, tänzerisch ausgeführtem Seitenthema und gewitzt unerwarteten Wendungen auf dem Weg zur Coda für sich ein. Aufgeführt wird das Stück allerdings wegen seines langsamen Mittelsatzes: Dieser bereitet Sergio Azzolini, Fagottist und ehemaliger Leiter der Kammerakademie, eine Bühne als Solist. Das wie eine Arie angelegte Largo macht mehr her als das frühe C-Dur-Orgelkonzert Hob XVIII:1 von Joseph Haydn, das Azzolini für Fagott arrangiert hat. Zwar kann er neben seinem lyrischen Talent auch virtuose Fingerfertigkeit unter Beweis stellen, dennoch mischt sich der dunkle Klang der unteren Lagen nicht so gut mit den Trompeten, wie es der Orgelpart getan haben würde.

Joseph Haydn setzt sich durch

Erst nach der Pause setzt sich Joseph Haydn in seiner frühen Symphonie „Le Soir“ wieder gegen den Bruder durch. Die Gimmicks, die er eingebaut hat – das hübsche Kontrabasssolo im Menuett, der Sturm im Finale –, sind nötig, um dem formal und stilistisch leicht monochromen Programm neuen Pfiff zu geben.

Schön, aber kurios der Schluss: Robert D. Levins Rekonstruktion der Mozart zugeschriebenen, aber erst in den 1860er Jahren in einer dubiosen Abschrift aufgetauchten Sinfonia concertante Es-Dur für die angebliche Besetzung Flöte, Oboe, Horn und Solofagott. So gut Bettina Lange, Jan Böttcher, Bertrand Chatenet und Azzolini harmonieren – um dem besonders im langen Finale etwas zu wohlgefällig dahinfließenden Stück mehr Biss zu verleihen und zu beweisen, dass es sich um einen originalen Mozart handeln könnte, sollten sie auf buntscheckigere historische Instrumente zurückgreifen.

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