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Die Berliner Musikerin Judith Holofernes.

© Henning Kaiser/dpa

Judith Holofernes live: Piep piep piep: Judith Holofernes in Berlin

Niedlichkeit plus Rock, Pop und Spaß: Judith Holofernes spielt im Berliner Bi Nuu ein Probekonzert vor ihrer großen Tour.

Sollte das Popstar-Ding bei Judith Holofernes irgendwann nicht mehr funktionieren, könnte sie problemlos auf Kita-Bespaßerin umsatteln. Ihre Lieder über rasende Hasenherzen, vollgekotzte Schuhe oder das possierliche Opossum wären sichere Kichererfolge bei den Kleinen. Und an der Stelle, wo sie lieb, lieb, lieb auf piep, piep, piep reimt, könnten alle gleich mitsingen – das kennen sie ja vom Mittagskreis.
Auf jeden Fall sollte Judith Holofernes immer die zwei Minipistolen mitbringen, die sie beim Eröffnungsstück ihres Konzerts im Berliner Bi Nuu in den schmalen Gürtel ihres Kleides gesteckt hat. Der Text handelt von einer losen Kanone, was die Band mit doppelter Bassdrum-Power mächtig rumpelnd begleitet. Es gibt ein swamprockiges Mundharmonika-Solo und am Ende werden natürlich die Pistölchen abgefeuert: Zwei rote Fähnchen mit der Aufschrift „Bang“ schießen heraus.

Ja, es geht ausgesprochen niedlich, nett und kokett zu bei der 37-jährigen Judith Holofernes, die beim Singen gerne mal in ein mädchenhaftes Kieksen übergeht. Feministisch eingestellte Eltern könnten ihr als Kita-Musikerin deshalb eventuell Vorbehalte entgegenbringen – von wegen stereotypes Frauen-Vorbild. Doch sie sollten nicht zu schnell urteilen, schließlich kann die einstige Wir-sind-Helden-Sängerin nicht nur goldig an ihrer Ukulele zupfen, sondern auch mal richtig mit der E-Gitarre loslärmen. Zum Beispiel in „MILF“, für das sie sich passend zum Text über angebetete Rockmusiker, ein hübsch knalliges Drei-Akkord- Riff ausgedacht hat. Ähnlich druckvoll geht es bei „Ein leichtes Schwert“ zu. Das Titelstück von Holofernes’ erstem Soloalbum entwickelt sich im zweiten Songteil sogar in Richtung Postrock-Jam, bei dem die Multiinstrumentalisten Miss Kenichi und Martin Wenk ebenfalls Gitarre spielen. Die fünfköpfige Band ist ohnehin stark. Sie sorgt dafür, dass die Stücke des absichtlich im Schraddel-Sound aufgenommenen Albums live besser und abwechslungsreicher klingen.

Die Gruppe steht im Bi Nuu zum ersten Mal zusammen auf der Bühne, das Konzert ist ein kurzfristig angekündigter Probeauftritt vor der demnächst startenden großen Tour. Es läuft schon ziemlich rund, und wenn Judith Holofernes wie beim Aufzählungsteil von „Nichtsnutz“ mal einen kurzen Texthänger hat, überspielt sie das charmant. Zwischen die Stücke des Albums streut die Kreuzbergerin von ihr eingedeutschte Coverversionen („mein heimliches Hobby“), wobei es sich um eher Abseitiges von Teitur, Elvis Costello und Lyle Lovett handelt. Eine gute Auflockerung, die dankenswerterweise aus der Kita-Ecke herausführt. Dass Judith Holofernes sich eigentlich auch auf ihr Talent für erwachsenentauglichen Humor verlassen könnte, beweist die letzte Zugabe: In „John Irving“ veralbert sie mit fast an Christiane Rösinger heranreichendem Witz eine Reihe von Schriftstellern, Regisseuren und Komponisten – Zimmer reimt sie auf schlimmer und Gewimmer, welches sogleich vom Synthie erklingt. Das ist klasse und bringt eine Zuhörerin nach jeder Zeile zum Kichern. Geht doch.

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