zum Hauptinhalt
Die Aedes-Macher. Kristin Feireiss und Hans-Jürgen Commerell.

©  Jirka Jansch

Jubiläum der Architekturgalerie Aedes: Immer in der Gegenwart

Es ist unschätzbar, was die Architekturgalerie Aedes für die Vermittlung außereuropäischer Gegenwartsbaukunst leistet. Nun feiert sie ihr 40-jähriges Bestehen.

Ein Buch von knapp 500 Seiten Umfang, doch man vermisst – den Text. Dabei erzählt es eine Geschichte der Architektur der vergangenen 40 Jahre, allerdings in Porträts. In Schnappschüssen, die in den wechselnden Räumen der ursprünglichen Architekturgalerie Aedes bis hin zum jetzigen Aedes Architecture Forum entstanden sind, in Momentaufnahmen, in denen die Zeit festgehalten ist.

Aedes war die erste Einrichtung, die sich der Darstellung der jeweils aktuellen Architektur widmete und darum immer deren Protagonisten zu Gast hatte. So stellt das ziegelsteindicke Buch „Faces & Spaces“ im Titel zurecht die „Gesichter“ heraus, die bei Aedes zu sehen waren, die Menschen, die die Architektur zwar nicht immer realisieren, wohl aber entwerfen und erträumen konnten (Park Books, Zürich 2020, 500 S., Abb., 29 €).

Aedes war und blieb immer in der Gegenwart. Die Neugier der beiden Gründerinnen, Kristin Feireiss und Helga Retzer, ließ sie ohne jeden Businessplan eine Galerie eröffnen, in der Charlottenburger Grolmanstraße, betrieben als Freizeitbeschäftigung neben den eigentlichen Brotjobs der beiden. Das war im Jahr 1980, und da gerade die Kongresshalle im Tiergarten eingestürzt war, widmete sich sogleich eine Ausstellung den architektonischen Visionen, die der anstehende Wiederaufbau auslöste. Und 1981 machte Aedes erstmals selbst Geschichte, als es dem noch unbekannten Rem Koolhaas die Bühne bereitete, so wie drei Jahre später der aufstrebenden Zaha Hadid.

Es kamen Stirling und Siza, Hejduk, Eisenman und Grassi, Gehry und Libeskind

Es war die Zeit, da die Internationale Bauausstellung IBA im Entstehen begriffen war und eine Fülle von Architekten nach West-Berlin lockte, die die Halbstadt ansonsten kaum wahrgenommen hätten. Es kamen Stirling und Siza, Hejduk, Eisenman und Grassi, Gehry und Libeskind. Aedes – 1984 durch den tragischen Unfalltod von Helga Retzer zum Ein-Frau-Unternehmen geworden – hatte sich in Windeseile eben als das Forum etabliert, das es mittlerweile im Namen führt, zu einem Treffpunkt, an dem aktuelle Architektur verhandelt wird.

[Jetzt noch mehr wissen: Mit Tagesspiegel Plus können Sie viele weitere spannende Geschichten, Service- und Hintergrundberichte lesen. 30 Tage kostenlos ausprobieren: Hier erfahren Sie mehr und hier kommen Sie direkt zu allen Artikeln.]

Legendär vom Start weg wurden die kleinen Kataloge im Selbstverlag, quadratisch im Format bis heute, da von ihnen mehr als 450 Ausgaben erschienen sind. Die Zahl der jährlichen Ausstellungen erreichte bisweilen 15 oder 16. Längst war Kristin Feireiss unter die S-Bahn-Bögen am Savignyplatz gezogen, wo zwei Ausstellungen parallel veranstaltet werden konnten.

1995 kam die Dependance in den nach der Wiedervereinigung boomenden Hackeschen Höfen hinzu, und erst ein gutes Jahrzehnt später konzentrierte sich Aedes wieder auf einen Standort, nunmehr am Pfefferberg, wo 2009 auch der Aedes Network Campus Berlin als Ideenschmiede Platz findet. Ihn hatte Hans-Jürgen Commerell quasi nebenbei entwickelt, der Jahre zuvor Partner bei Aedes geworden war.

Vermittlung außereuropäischer Gegenwartsbaukunst

Die Ausstellungen, anfangs aus Zeichnungen und Blättern der Architekten bestehend, haben sich zu Installations- Kunstwerken entwickelt. Es gibt Modelle, Videos, aufwändige Einbauten, Gerüste, raffinierte Ausleuchtungen. Unschätzbar, was Aedes für die Vermittlung außereuropäischer Gegenwartsbaukunst leistet, aus China sowieso, aber auch aus Afrika oder aus Bangladesch. All das in einem nicht-kommerziellen Unternehmen, das ohne öffentliche Förderung auskommt, finanziert allein von Sponsorengeldern oder erbettelt bei Stiftungen.

Die Besucherzahlen betragen bis zu 6000 pro Ausstellung, aber natürlich ist Aedes digital präsent und wird weltweit nachgefragt. Nun ist der besagte 500-Seiten-Band als Zwischenbilanz erschienen. Einen eigentlichen Ausstellungsrückblick gibt es nicht, alles ist Gegenwart – und auf geht’s in die nächsten Jahrzehnte von Aedes.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false