zum Hauptinhalt
Monk vereint Kunst aus den letzten 20 Jahren an den Galeriewänden. Die Tapete gleich am Eingang zeigt ihn selbst als jungen Mann.

© Jens Ziehe, 2019

Jonathan Monk im Kindl-Zentrum: Kunst passiert im Kopf

Ausstellen ohne Werk: Der Brite Jonathan Monk betritt im Neuköllner Kindl Zentrum für zeitgenössische Kunst Neuland. Er tapeziert seine Retrospektive.

Die perfekte Selfie-Kulisse, so der erste Gedanke zu Jonathan Monks Ausstellung „Exhibit Model Four“ im Kindl. Viele Künstler denken inzwischen darüber nach, wie ihre Werke auf Social Media aussehen und es klingt zunächst, als wäre auch Monks Schau für Instagram optimiert. Die Wände sind komplett mit Fototapeten ausgekleidet und zeigen Ansichten von Kunstwerken des Briten aus den letzten 20 Jahren in unterschiedlichen Raumkonstellationen. Ausstellungen in Brüssel, Tokio, Basel, alle abfotografiert und dann an den Berliner Wänden neu zusammengesetzt, die echten Türöffnungen und die Heizung clever integriert.

Aber Jonathan Monk, 1969 geboren, wäre nicht der international gefeierte Künstler und das Schlitzohr, das er ist, würde nicht mehr dahinterstecken. „Exhibit Model Four“ ist eine Reflektion über das Ausstellen ohne Werk, über Aneignung, Autorenschaft und das Archiv. Und nicht zuletzt auch über Ökonomie. Die Idee zu seiner initialen Fototapeten-Ausstellung im Schweizer Kunsthaus Baselland 2016 habe auch mit „finanziellen Einschränkungen“ zu tun gehabt hat, sagte Monk im Kindl. Wenn man Objekte nur als Ausdruck präsentiert, spart man Transportkosten. Aus einer pragmatischen Überlegung wurde nun ein vielschichtiger Kommentar auf die Gegenwart.

Im Zeitalter der Bilder sind wir es gewohnt, digitale Abbildungen der Realität zu betrachten, auch Kunstwerke kennt man oft nur aus dem Internet. Die Ausstellung beweist: Ob Realität oder Repräsentation ist gar nicht mehr so ausschlaggebend. In Monks Berliner Ausstellung hat die Fototapete sogar Vorteile. Man sieht viel mehr Arbeiten, als es eine mit realen Objekten bestückte Retrospektive hätte ermöglichen können. Man bekommt alles auf einmal und noch vielmehr.

Keine Ehrfurcht vor Kunst

Das entspricht auch Monks Abneigung gegen Ehrfurcht vor Kunst. Außerdem hat er mit Größenverhältnissen und Druckqualitäten gespielt: seine zusammengesunkenen Edelstahl-Skulpturen à la Jeff Koons sind groß tapeziert, auch die bekannte Figur des amerikanischen Künstlers Paul McCarthy im Sergeant- Pepper-Gewand des Beatle Paul McCartney ist auf Raumgröße aufgeblasen. „Meine Ausstellung könnte den Eindruck eines Ganges durch ein hastig kopiertes Buch vermitteln“, sagte Monk dazu in einem früheren Interview. Dass es dann doch nicht aussieht wie ein Buch, liegt daran, dass Monk die Tapeten mit Stücken aus seiner privaten Sammlung kombiniert. Allein die Werke der Anderen sind physisch anwesend. Auch das ist recht typisch für Monk, der bereits seit seinem Studium Ende der 80er Jahre über Urheberschaft und Originalität nachdenkt und bereits häufig das Material anderer Künstler, vornehmlich von Ikonen des Minimalismus, zu seinem eigenen gemacht hat.

Die Verweise, die er mit diesen Gast- Kunstwerken setzt, sind ebenso verrätselt wie persönlich. Die bemalten Keramikteller von Sol LeWitt holen die Schwarz- Weiß-Ausstellungsansichten in die Gegenwart, ein Siebdruck von Louise Burgeois mit dem Spruch „Ne Pense à rien“ ist gleich am Eingang in ein Selbstbildnis des Künstlers hinein collagiert, Robert Barrys „Invitation Piece“ hängt an der Wand und ist ein Sinnbild, für das, was Monk selbst praktiziert: Selbstreferenzialität und verschachtelte Verweise. So hat der amerikanische Minimalist Barry Galeristen jeweils Einladungen für seine Ausstellung in anderen Galerie drucken lassen, bis der letzte wieder beim ersten einlädt. Kunst passiert im Kopf, Monk beweist es – dennoch lohnt ein realer Gang ins Ausstellungshaus

Bis 21.7., Kindl Zentrum für zeitgenössische Kunst, Mi-So 12-18 Uhr, Am Sudhaus 3, Neukölln

Zur Startseite