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Wäre am liebsten „Chef von dem Laden“. Jonathan Meese, hier vor einigen Tagen bei einem Interview mit der dpa.

© Bernd von Jutrczenka/ dpa/ picture alliance

Jonathan Meese wird 50: Der Künstler wäre gerne Chef von Bayreuth

Jonathan Meese hat schon lange ein Auge auf die Bayreuther Festspiele geworfen. Damit sagt er der letzten Kunst-Dynastie Deutschlands den Kampf an. Eine Glosse

Naht der eigene Geburtstag, darf man sich etwas wünschen, erst recht, wenn man ein halbes Jahrhundert vollendet. Jonathan Meese, am 23. Januar 1970 in Tokio zur Welt gekommen, hat schon lange ein Auge auf Bayreuth geworfen. Nun erklärt er, er würde gerne „Chef sein von dem Laden“ und alles selber machen, jede Inszenierung. Damit sagt Meese der letzten Kunst-Dynastie Deutschlands den Kampf an.

Am Grünen Hügel haben seit 140 Jahren Richard Wagner und seine Nachfahren das Sagen. Im November wurde Katharina, die Urenkelin des Komponisten, als Festspielchefin bis 2025 verlängert. Der durch öffentliche Gelder erhaltene Bayreuther Erbhof erscheint aktuell gefestigter als die britische Monarchie.

Meese hadert schon lange mit Bayreuth

Meese kann das nicht schrecken, er weiß, die schwierig die Wagner-Festung einzunehmen ist. Eigentlich hätte der rastlos schaffende Atelier- und Bühnenkünstler dort 2016 „Parsifal“ auf die Bühne bringen sollen. „Da ist alles voller Liebe, voller Kunst, das ist ein Machtzentrum. Selbst Hitler wurde in Bayreuth zum Kind. Auch Merkel wird dort entpolitisiert“, jubelte Meese damals im schwarzen Trainingsanzug, seiner „Uniform der Kunst“.

Er war eine Traumbesetzung, denn kein anderer international erfolgreiche Künstler hatte ein so ungetrübtes Verhältnis zum Grünen Hügel, den Wagners, ihren zweifelhaften Unterstützern – und erzielte damit Spitzenpreise auf dem Markt. „ERZRICHARD ERZWAGNER“, skandierte Meese – der Sieg der Kunst, er schien zum Greifen nahe.

Und dann diese kleingeistige Klatsche: Die Bayreuther Gesellschafter sahen „Finanzierungsprobleme hinsichtlich der bühnenbildnerischen und kostümlichen Gesamtausstattung“ und warfen Meese raus, bevor er das Ziel seiner Träume erreichen konnte. Vielleicht bekamen sie es schlicht mit der Angst zu tun angesichts von Meeses Wimpeln und Standarten, seiner totalitären Großschreibung und seinem verboten zackigen Grußverhalten, das die Gerichte beschäftigte.

Man muss davon ausgehen, dass Meese seinen Wagner gelesen hat und also weiß: Nur wer der Liebe Macht entsagt, kann die Weltherrschaft erringen. Zu welchen Maßnahmen der selbsternannte „totale Samurai der Kunst“ jetzt greifen wird, ist noch unklar. Doch sein ERZANGRIFF wird umfassend ausfallen, flankiert von einer Armada aus Pappkameraden und Pamphleten.

Die einzige Chance für den Grünen Hügel: Meeses 90-jährige Mutter Brigitte bläst die Attacke im letzten Moment ab – und erinnert ihren Sohn an sein selbstgestecktes Vorhaben, „weiter der Kunst dienen, am Gesamtkunstwerk Deutschland arbeiten“. Dagegen wirkt Bayreuth plötzlich ganz klein.

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