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John Baldessari erhält vom damaligen US-Präsident die Medals of Arts and Humanities, die höchste Kunstauszeichnung des Landes.

© Jim Lo Scalzo/dpa

John Baldessari ist tot: Als seine Bilder ihm zu langweilig wurden, verbrannte er sie

Er arbeitete mit allen Medien - und viel Humor. John Baldessari war einer der originellsten Universalkünstler unserer Zeit. Ein Nachruf.

Als der Künstler, der die Gesichter mit bunten Punkten überdeckte, wird man sich an John Baldessari erinnern. Sie waren sein bekanntestes Merkmal: Kreisrunde rote, gelbe, grüne Flecken prangen bei ihm auf Schwarz-Weiß-Fotografien, wo sonst die Köpfe der aufgenommenen Personen zu sehen wären.

Und doch ist der am Donnerstag mit 88 Jahren verstorbene Kalifornier mehr als das: ein Universalkünstler, der sich verschiedener Medien bediente, Fotografie, Malerei, Text miteinander kombinierte, mit Performance, Video arbeitete, eine eigene Smartphone-App schuf. Baldessari liebte das Spiel mit den durchkreuzten Erwartungen, mixte Pop-Art mit Konzeptkunst und schuf daraus seinen eigenen Stil.

Seit Baldessari 1970 in einer Aktion sämtliche Bilder verbrannte und sich geschworen hatte, „Ich werde keine langweilige Kunst mehr machen“ – so der Titel seines ein Jahr später produzierten Films, in dem er diesen Satz wie die Strafarbeit eines Schülers immer wieder niederschreibt –, gab es keine Beschränkungen mehr für ihn.

Er wurde damit einer der originellsten und einflussreichsten US-Künstler. Zu seinen Schülern am California Arts Institute in Los Angeles zählten Mike Kelley, Richard Prince, Matt Mullican, David Salle und Tony Oursler.

Die Verleihung des Goldenen Löwen 2009 auf der Biennale di Venezia für sein Lebenswerk, des Goslarer Kaiserrings 2012 und der National Medal of Arts 2015 durch Barack Obama bezeugen die wachsender Wertschätzung für ihn.

Viele verübelten ihm seinen Humor

Das war nicht immer so. Vor allem die Konzeptkünstler der reinen Lehre verübelten ihm den seinen Werken innewohnenden Humor. Baldessari reagierte entsprechend: mit einem Video, in dem er Sol Lewitts 35 Leitsätze als Popsong vorträgt.

Den Berlinern präsentierte er sich vor 15 Jahren in einer großartigen Schau der Deutschen Guggenheim Galerie Unter den Linden als Geläuterter. Dort schien der Konzeptkunst-Altstar in einer eigens für die Ausstellung geschaffenen 13-teiligen Serie wieder seinen Frieden mit der Malerei geschlossen zu haben.

Er erhielt seiner Kunst die Frische

Und doch mokierte sich Baldessari zugleich über die Ahnen. So war in dem Gewirr bunter Bänder, mit denen Filmfiguren kämpfen, eine Anspielung auf Jackson Pollock herauszulesen, in rot, grün, blau übermalten Gefängnisgittern ein Verweis auf Piet Mondrian.

Auf seine Methodik, im Überdeckten das Eigentliche zu offenbaren, stieß Baldessari übrigens beim Besuch des Metropolitan Museum in New York, wo ihn die Fehlstellen antiker Vasen faszinierten. Gerade die Ausbesserungen mit weißem Gips machten ihn neugierig. Seiner eigenen Kunst erhielt er sich auf diese Weise ebenfalls die Frische.

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