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Tänzelnde Rhythmen. Der Cellist Pablo Ferrández.

©  Kirill Bashkirov

Jacques Offenbach: Hauchzart

Das Gürzenich-Orchester spielt in der Philharmonie ein Konzert zum 200. Geburtstag von Jacques Offenbach.

Vorhang auf für Jacques Offenbach! Zum 200. Geburtstag schenkt das Gürzenich-Orchester Köln mit seinem Chef François-Xavier Roth dem großen Sohn dieser Hochburg rheinischen Frohsinns ein Festkonzert der besonderen Art. Gewitzt mischt der experimentierfreudige Dirigent Bekanntes und Unbekanntes, Tief-, Leicht- und Scharfsinniges des deutsch-französisch-jüdischen Komponisten, der immer noch zum „Meister der Operette“ kleingeredet wird. Den Kölner Klangkörper unterstützt dabei das Pariser Ensemble „Les Siècles“, das zwischen historischen und modernen Instrumenten wechselt – beim Musikfest Berlin werden Werke von Rameau, Berlioz und Lachenmann im Klanggewand der jeweiligen Entstehungszeit zu hören sein.

Berührend und doch unsentimental

Frappierend, wie hervorragend diese erstmalige Zusammenarbeit der beiden Formationen in der Philharmonie auf Anhieb klappt. Da gibt es nicht die winzigste Unstimmigkeit der Tongebung, Artikulation oder Tempogestaltung. Zweifellos profitiert das Traditionsorchester dabei vom Spezialensemble herausragender Instrumentalisten, das mutig neue Herangehensweisen an Repertoire und Darbietungsformen erprobt. Und so klingt gerade das Bekannte beglückend frisch und neu: wann etwa waren die einleitenden Tremoli der zum Schlager herabgespielten „Barcarole“ so hauchzart wie über dem Wasser schwebender Nebeldunst, schlich sich die Cellomelodik so diskret und doch prägnant ein? Das berührt gerade im Unsentimentalen. Die frühe „Ouverture à grand orchestre“ offenbart parodistischen Hintersinn im direkten Übergang von feuriger Dramatik zu tändelnden Rhythmen; der Cellist Pablo Ferrández gibt „Introduction, Prière et Boléro“ hinreißende Brillanz. Preziosen der präzisen Ironie verteilt Sopranistin Jenny Daviet mit einer ihre Mechanik renitent durchbrechenden „Olympia“-Arie und dem „Couplet des baiser“, dessen Kussgeräusche dann auch der Dirigent ins vergnüglich kichernde Publikum schickt.

Unter die Gratulanten mischt sich auch ein gewisser Robert Schumann, auffällig-aufsässig werdend in der B-Dur-Sinfonie. Vibratoloses Spiel, das nur im Larghetto Schmelz vermissen lässt, schafft Transparenz, scharfe, temporeiche Rhythmik einen Drive, der „deutsche“ Bräsigkeit austreibt – und überraschende Nähe des tiefsinnigen Träumers zum Bruder Leichtfuß herstellt, eine klingende „entente cordiale“!

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