zum Hauptinhalt
Die Band Isolation Berlin. Links: Sänger Tobias Bamborschke.

© promo

Isolation Berlin im Columbia Theater: Eine kleine, traurige Sensation

Indie-Pop im Mantel der Melancholie: Isolation Berlin spielen ein Konzert im Columbia Theater - und Sänger Tobias Bamborschke zeigt, warum er zu Recht oft mit Rio Reiser verglichen wird.

Tobias Bamborschke betritt mit seiner Band die Bühne und ist gleich in seinem Element: „Ich bin ein Produkt / Ich will, dass man mich schluckt / Dass man mich konsumiert / Sich in mich verliebt“, singt er und reißt theatralisch die Hände in die Höhe. Ihr werdet gleich ein Konzert erleben, das euch vielleicht viel bedeuten wird, dabei bin ich auch nur ein Teil der Kulturindustrie, so scheint er seinem Publikum mit diesem Intro zu Beginn ein paar Illusionen nehmen zu wollen.

Mit Hymnen auf den Weltschmerz, mit Songs wie Anleitungen zur Pflege einer Depression sind Isolation Berlin in den letzten zwei Jahren zur kleinen Sensationsband geworden. Alle wollen immer nur Spaß in dieser Stadt? Wir nicht! Das ist die Message der jungen Band um ihren charismatischen Sänger und der Erfolg zeigt, dass sie im ewig hedonistischen Berlin einen Nerv getroffen hat.

So kurz vor Weihnachten und Silvester, während man Resümee über das vergangene Jahr zieht und ein wenig auch über das Leben an sich, ist natürlich der ideale Zeitpunkt, um noch einmal gemeinsam bei einem Konzert melancholisch zu sein. Das Columbia Theater ist ziemlich voll und es zeigt sich, dass Isolation Berlin, die gerade mal ein Album und ein paar EPs veröffentlicht haben, bereits über eine Fanschar verfügen, die Songtexte mitsingen können. Niemals würde sich Tobias Bamborschke zu Müller-Westernhagen-Gesten hinreißen lassen und das Mikro beim Refrain dem Publikum hinhalten, aber im Song „Schlachtensee“ ist es an manchen Stellen auch ohne laut genug zu vernehmen.

Theatralisch, dringlich, fesselnd

Der Auftritt von Isolation Berlin ist ganz auf ihren Sänger zugeschnitten. Die anderen drei spielen fast routiniert ihre Parts runter, diesen Indie-Gitarrenpop, den man ähnlich schon tausendmal gehört hat und von dem dennoch eine Dringlichkeit ausgeht, die einen gefangen nimmt. Im Mittelpunkt steht aber immer Bamborschke, ein ehemaliger Schauspielschüler, der ein natürliches Talent für die Bühne zu haben scheint. Er schmiegt sich an sein Mikro, lässt seinen ganzen Körper ständig von der Kraft der eigenen Stimme erzittern. Immer wieder überschlägt sein Gesang und man hat dann das Gefühl, die Vibrationen der eigenen Stimmbänder wirken wie Stromschläge auf den jungen Mann.

Bamborschke wurde oft schon mit Rio Reiser verglichen, auch so ein verletzliches Wesen mit unglaublicher Bühnenpräsenz. Bei diesem Konzert kann man sehen, dass all diese Vergleiche absolut ihre Berechtigung haben. Wenn Bamborschke Zeilen singt wie „Du hast mich nie geliebt“, braucht man ein Taschentuch und wenn er, wie gleich in mehreren Songs, suizidale Absichten bekundet, hat man das Gefühl, die Verzweiflung des Sängers überträgt sich auf einen selbst.

Nach dem Konzert tritt man raus in die Kälte und wird von der schwarzen Nacht verschluckt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false