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Meister der Metallverarbeitung. Beterfiguren, elamisch, Bronze, 2. Hälfte 2. Jahrtausend v. Chr.

© The Sarikhani Collection / C. Bruce

Iranische Kulturgeschichte: Drehscheibe der Kulturen

Iran prägte mit Innovationen und Handel über Jahrtausende die Kulturgeschichte der Region.

Ohne Wasser geht nichts – keine Städte, keine Gärten, keine Nahrung. Iran und seine Nachbarstaaten sind von Hitze und Trockenheit geprägt, und dennoch finden sich hier blühende Städte und Gärten. Das war nur möglich wegen einer ausgeklügelten Wasserwirtschaft, die die Achämeniden (550–330 v. Chr.) weiterentwickelt hatten: Aus wasserführenden Schichten in den Bergen wurde das kostbare Nass mit Hilfe von unterirdischen Kanälen und Brunnen in die Städte gebracht, eine Technik, die sich in Westasien und Teilen Zentralasiens ausgebreitet hatte und heute noch genutzt wird. „Manche Kanäle waren 300 Kilometer lang, die kürzeren ,nur‘ fünf Kilometer“, erzählt Ute Franke, Kuratorin der Ausstellung „Iran. Fünftausend Jahre Kunst und Kultur“, die jetzt in der James-Simon-Galerie zu sehen ist und erstmals in Berlin die Hochkulturen Irans vorstellt.

Es begann mit der Sesshaftigkeit am Zagros-Gebirge

Iran hat der Menschheit schon sehr früh einige Innovationen beschert. Das begann mit der Sesshaftigkeit am Rand des Zagros-Gebirges mit Ackerbau und Viehzucht. Auch die Keilschrift der Sumerer wurde etwa ab 3000 vor Christus zu einem eigenen Schriftsystem ausgebaut, das allerdings schon 300 Jahre später nicht mehr benutzt wurde. Aber während dieser 300 Jahre war die Keilschrift die Grundlage für die Verwaltung, Wirtschaft und Handel auf dem iranischen Hochplateau. Die Kultur des Iran entwickelte sich in enger Anlehnung an Mesopotamien, Ideen wurden kopiert, abgewandelt und weiterentwickelt, aber immer mit einer eigenen Handschrift. Iran wurde so zum Schmelztiegel der Kulturen, die sich gegenseitig befruchteten.

Feinste Handwerkskunst. Deckel mit typischen Silbereinlagen aus Churasan, 12. Jahrhundert.
Feinste Handwerkskunst. Deckel mit typischen Silbereinlagen aus Churasan, 12. Jahrhundert.

© The Sarikhani Collection / J. Bodkin

Im Gegensatz zu den Megametropolen Mesopotamiens verfügte Iran über viele Rohstoffe, unter anderem Kupfer. Das begünstigte die Kupfermetallurgie auf hohem Niveau. Die hier gefertigten Gefäße, Statuen, Schmuckstücke und Waffen waren von hoher Qualität und sehr begehrt. Sie wurden nach Mesopotamien und an den Indus im Osten exportiert. Auch wenn Lapislazuli aus Afghanistan kommt und Karneol aus Indien – wer mit diesen Kostbarkeiten sowie mit Silber und Gold Fernhandel treiben wollte, musste durch Iran. Außer auf dem Seeweg war Iran bis zum Beginn des Flugverkehrs die Drehscheibe für den Handel des Westens mit China und Zentralasien. Warenaustausch fand durch Handel, aber auch durch Beutezüge statt. Akkadische und elamische Herrscher unternahmen regelrechte Raubzüge, um die dabei erbeuteten Statuen in ihren Palästen als Zeichen der Herrschaft wie in einem Museum aufzustellen. Kupfer spielte lange Zeit eine bedeutende Rolle. Dabei muss man bedenken, dass der Transport der Güter bis zur Verbreitung des Kamels Ende des dritten vorchristlichen Jahrtausends nur zu Fuß oder per Esel erfolgte.

Die Quarzkeramik war eine bedeutende iranische Erfindung. Wasserpfeife (Qalyan), Reiher, chinesisches Blattwerk, Reiter mit Falken im persischen Stil, blaue, schwarze, braune und rote Malerei, wohl Kirman, Iran, 17. Jh..
Die Quarzkeramik war eine bedeutende iranische Erfindung. Wasserpfeife (Qalyan), Reiher, chinesisches Blattwerk, Reiter mit Falken im persischen Stil, blaue, schwarze, braune und rote Malerei, wohl Kirman, Iran, 17. Jh..

© The Sarikhani Collection / C. Bruce

Eine weitere bahnbrechende Erfindung aus dem großiranischen Kulturbereich war die Quarz-Fritte-Keramik, die auf einer Technik beruhte, die wohl mit Migranten aus Ägypten über Syrien und Irak nach Iran gekommen ist. „Eigentlich kommt dieses Verfahren aus der Glasherstellung. Die Keramik ist sehr silikatreich, der Ton wird mit Silikat gestreckt, ist leichter herzustellen als Porzellan und besser als reine Tonkeramik“, erklärt Ute Franke. Der Werkstoff wird bis heute verwendet. Kaschan war ein Produktionszentrum dieser spezifischen Keramik. Aus den historischen Quellen weiß man von Töpferfamilien, die diese geheime Rezeptur nutzten. Muster und Qualität sind eindeutig zuzuordnen und waren international sehr gefragt. Die Werkstätten von Kaschan können heute in einem Atemzug mit denen von Delft, Meißen, Iznik und Jingdezhen genannt werden.

Fliesenpanel für einen Bogenzwickel, Jagdidyll im Park, Irdenware, bemalt in „cuerdaseca“-Technik mit Glasurfarben auf weißem Grund, Isfahan (?), Iran, 17. Jh.,
Fliesenpanel für einen Bogenzwickel, Jagdidyll im Park, Irdenware, bemalt in „cuerdaseca“-Technik mit Glasurfarben auf weißem Grund, Isfahan (?), Iran, 17. Jh.,

© The Sarikhani Collection / C. Bruce

Aber nicht nur Teller und Gefäße wurden in hoher Qualität hergestellt, auch die Baukeramik aus dieser Zeit, die man an Moscheen, Medresen und Palästen bewundern kann, ist von herausragender Qualität. Eine weitere architektonische Errungenschaft war die Erfindung der großen Bogenhalle, im Iran Iwan genannt, arabisch Liwan. Schon die Parther nutzten dieses Element, doch unter den Sassaniden, der letzten vorislamischen Dynastie, wurden die Iwane im 6. Jahrhundert stilprägend nicht nur für die iranische, sondern für die islamische Architektur insgesamt. Der große erhaltene Bogen von Ktesiphon gilt als die „Mutter aller Iwane“, von dort aus breiteten sich allmählich die Vier-Iwan-Höfe, deren Fassaden oft mit farbenfrohen Kacheln dekoriert sind, aus.

Ein Mosaik von Kulturlandschaften

Im 9. und 10. Jahrhundert erlebten Silbergegenstände mit einer Dekoration aus Metallintarsien eine große Blüte. Auch diese kostbaren Objekte waren Luxusgüter und gern gesehene Gastgeschenke.

Durch seine geographische Lage und die Seidenstraße war Iran durch die Jahrtausende hindurch eine Region, die vom ständigen Austausch der Kulturen profitierte, die selbst Einfluss ausübte oder Errungenschaften anderer Kulturen adaptierte. So entstand ein Mosaik von Kulturlandschaften, das sich ständig veränderte und erweiterte und auf die Nachbarreiche ausstrahlte.

Rahmenprogramm:

Die Ausstellung „Iran. Kunst und Kultur aus fünf Jahrtausenden“ des Museums für Islamische Kunst und der Sarikhani Collection, die bis zum 20. März 2022 in der James-Simon-Galerie zu sehen ist, wird von einem umfangreichen Rahmenprogramm für Familien, Schulen und Erwachsene begleitet.

Vortrag in englischer Sprache:

Moderne Kunst in Iran, Ina Sandmann Sarikhani, Direktorin der Sarikhani Collection London. 13. Januar 2022, 18:30 Uhr, James-Simon-Galerie

Miniaturmalereiworkshop mit Faezeh Shakoori Dizaji und Reza Moradiiy in Kooperation mit dem Vermittlungsprojekt Multaka. 22. bis 23. Januar 2022, Museum für Islamische Kunst, Archäologisches Zentrum.

Online-Buchungen:

smb.museum/veranstaltungen

Anmeldung zu Multaka-Workshops: info@multaka.de, Anmeldung zu den Vorträgen: isl@smb.museum.de

Weitere Infos:

smb.museum/museen-einrichtungen/museum-fuer-islamische-kunst/

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