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Kunst, die begeistert. Besucher fotografieren "Die Medusa" von Caravaggio.

© Zero One Film

„In den Uffizien“ von Corinna Belz: Diese Doku gibt Einblicke in eines der berühmtesten Museen der Welt

Einst ein Haus für Heimatlose, heute ein Must-see für Touristen: „In den Uffizien“ führt ins Herz der Kunststadt Florenz.

Immerzu muss der Hausmeister kommen. Schon wieder brennen die Lampen nicht, obwohl sie eingeschaltet sind. Die Beschriftungen an den Kunstwerken müssen weg, die Tür zum Geografiesaal geöffnet werden. Die Uffizien sind eines der älteste Museen Europas. Das Gebäude in der Innenstadt von Florenz wurde ab 1560 als Ministerialgebäude für die Medici erbaut, „uffizi“ heißt auf Italienisch Büro. Für die Präsentation von wertvollen Kunstschätzen war das Haus nie gemacht. Das merkt man ihm 500 Jahre später noch an. Zimmer reiht sich an Zimmer, die Korridore sind schwierig, der Eingangsbereich zu eng.

So zeigt es Regisseurin Corinna Belz in ihrem Dokumentarfilm „In den Uffizien“, den sie zusammen mit Enrique Sánchez Lansch gedreht hat. Letzterer beobachtete 2004 in dem Film „Rhythm ist it!“ ein Kindertanzprojekt mit Sir Simon Rattle und den Philharmonikern.

Francesco I. brachte als erster Medici Kunstschätze in den Uffizien unter, seine Nachfolger taten es ihm nach. Zunächst hatten nur wenige Privilegierte Zutritt zu den wertvollen Bildern, die die Medici bei den italienischen Malermeistern beauftragten. Im Zweiten Weltkrieg diente das Haus als Ort für Heimatlose. Heute ist es ein Must-see für Touristen. Die kostbaren Originale von Michelangelo, Botticelli, Caravaggio und Tizian ziehen jährlich mehr als 2 Millionen Besucher an.

Belz und Lansch haben die Dreharbeiten kurz vor dem Ausbruch der Coronapandemie fertiggestellt. Man sieht Besucher bei der Kontemplation vor den Bildern, darf einem Zwiegespräch zweier Schülerinnen folgen, die sich mit einem Botticelli-Zentaur identifizieren. Aber vor allem wird der Kosmos Museum über die Mitarbeiter erzählt.

Es treten auf: der Architekt – ein direkter Nachfahre Giorgio Vasaris, die Führerin, die Restauratorin, der Aufseher, der Malermeister und der Bibliothekar. Morgens kommt der Direktor durch die unprätentiöse Hintertür. Eike Schmidt, der erste Deutsche in diesem Amt, leitet das Haus seit 2015. Wenn er die Flure abschreitet, hebt er zwischendurch schon mal liegengebliebene Eintrittskarten vom Fußboden auf, führt die Förderer aus Amerika durch die Korridore, zeigt Ihnen den Geografiesaal, der renoviert werden soll. Diesem Mann würde man alles abkaufen, allein wegen seiner Stimme, einem sonoren, dunklen Bass. Mit seinen Leuten spricht er Italienisch, Englisch, Deutsch. Schmidt arbeitete zuvor in amerikanischen Museen. Er ist um einen lockeren Führungsstil bemüht, aber in Italien ist der Direktor eben noch eine Autorität.

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Open doors gilt auch für das Filmteam, das ihm bis ins Direktorenzimmer folgt. Ein kleiner Spannungsbogen im beschaulichen Fluss der Bilder: Man darf Schmidt dabei zusehen, wie er eine neue Hängung mit Kunst des 16. Jahrhunderts umsetzt. Sogar den Grünton für die Wandfarbe schreibt er selbst auf. Das Farbrezept wird ausgeführt wie es der Chef wünscht, so lange korrigiert bis es stimmt. Am Ende des Films bildet es einen perfekten Hintergrund für Tizians erotische Venus von Urbino und das Portrait der Ortensia de'Bardi mit ihrem makellosen Teint.

[In zehn Berliner Kinos (auch OmU)]

Berühmte und weniger berühmte Gemälde werden ausgiebig mit der Kamera abgefilmt. So macht der Film auch die Kunstwerke zu Protagonisten. Die Gemälde blicken „von oben herab“ auf den Betrachter, sagt der engagierte Leiter der Museumsbibliothek in die Kamera. Vielleicht schauen die Göttinnen, die Zentauren und Kaufleute sogar „mit Verachtung“ , weil sie sehen, „wie wir uns in der Gegenwart abmühen“.

Wie der Bibliotheksleiter heißt, erfährt man übrigens nicht. Wer immer hier von der Kamera beobachtet wird, bekommt kein Label, kein Name wird genannt. Jeder glänzt allein durch seine Rolle. Das suggeriert Hierarchielosigkeit, die eine der Führerinnen auch in der Porträtgalerie der Medici entdeckt haben will. Die Handelspartner aus dem Orient sind ebenso groß und anmutig dargestellt wie die Herzöge selbst.

Eine gewisse Distanz zu den Mitarbeitenden bleibt, anders als etwa in Corinna Belz Gerhard Richter-Porträt von 2011, in dem man dem Maler sehr nahe kommt. Auch ein Überblick über das Gebäude stellt sich trotz Fotos, Zeichnungen und Kamerakran nicht recht ein. Die Bilder spielen die Hauptrolle. Sie sind es, die alles überdauern, während die Menschen kommen und gehen.

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