zum Hauptinhalt
Das Smartphone bitte ablegen. Der Eingang in die Ausstellung „In Reflection We Rest“.

© Trevor Good/carlier gebauer/Laure Prouvost

Immersive Installation von Laure Prouvost: Bunt und endzeitlich zugleich

Die Galerie Carlier Gebauer zeigt Laure Prouvosts Ausstellung „In Reflection We Rest“. Die Künstlerin zieht Energie aus Widersprüchen.

Der Weg ins Paradies führt durch einen Detektor. Rechts und links stehen kleine Wannen aus Plastik bereit, um die mobilen Telefone all jener Besucher aufzunehmen, die sich in der Galerie Carlier Gebauer die immersive Installation von Laure Prouvost anschauen wollen.

Dass der seltsam wulstige Torbogen, der Smartphones am Körper entdecken und melden soll, auch dann leise stöhnt, wenn man sich seines Gerätes entledigt hat, ist typisch für die französische Künstlerin. Nichts funktioniert wie vorgesehen – aber vielleicht ist das Vorgesehene und damit Vorhersehbare auch etwas, womit Prouvost nichts anfangen kann.

In Venedig sind ihre Arbeiten im französischen Pavillon der aktuellen Biennale anzutreffen. In Berlin wartet mit der Ausstellung „In Reflection we rest“ eine Art Ableger mit vertrauten Elementen: kurze Filme, Dampf, mit Wasser gefüllte Gläser und Ambient-Atmosphäre. Tänzer und andere Performer gibt es hier keine, aber dafür lebensgroße Strichfiguren aus Armierungseisen mit Bildschirmen anstelle von Köpfen.

Sie sitzen auf einem Metallbett oder liegen im Raum auf Strandtüchern, falten gemeinsam eine Bettdecke und wirken überhaupt sehr entspannt angesichts der konfusen Situation, die Prouvost im großen Ausstellungsraum angerichtet hat. Bunt geht es hier zu und ungezwungen, aber irgendwie auch endzeitlich.

[„In Reflection We Rest“, Galerie Carlier Gebauer, Markgrafenstr. 67; bis 23. 11., Di–Sa 11–18 Uhr]

Ein Vordringen in die Vorstellungswelt der Künstlerin

Aus solchen Widersprüchen zieht die Künstlerin die Energie ihrer Arbeiten. „Nachdenkend ruhen wir uns aus“, so lässt sich der Titel übersetzen, und wer kann das schon: im Nachdenken zur Ruhe kommen? Nur, bei Prouvost, die 2013 den renommierten britischen Turner Prize erhielt, funktioniert es irgendwie.

Dank der schnell geschnittenen Videos, die Natur mit Farben, Fischen und früheren Performances mischen, der verführerisch flüsternden Stimme auf allen Kanälen und der Schilder mit dem Appell, alles Störende hinter sich zu lassen, dringt man sukzessive in die Bild- und Vorstellungswelt der Künstlerin vor.

[Unser neuer Newsletter BERLINER - Kunst bringt alle 14 Tage das Wichtigste aus der Kunst-Hauptstadt. Jetzt anmelden unter: www.tagesspiegel.de/berliner-kunst]

Darin spielen die Großeltern eine wichtige, wenn auch in Teilen fantasiereich konstruierte Rolle. Mindestens so sehr geht es Prouvost allerdings um menschliche Sehnsüchte und Bedürfnisse etwa nach Ruhe, Träumen, Inspiration.

Ihnen gibt sie, im Darkroom der Videos ebenso wie unter dem Dach eines großen, gelb glühenden Zeltes auf einem ebenfalls riesigen Teppich, einen Ort. Das klingt nach Eskapismus, wird jedoch sofort vom trashigen, improvisierten Gesamteindruck der Installation wieder eingefangen.

Der Wunsch nach paradiesischen Zuständen, nach Liebe und Frieden und Glückseligkeit, trifft bei Laure Prouvost auf vollstes Verständnis. Bloß bekommt man das alles nicht, ohne zugleich mit dem Zustand der echten Welt konfrontiert zu werden. Sollen die Besucher doch hinausgehen und das Draußen nach dem Vorbild der Kunst etwas besser machen. Aber bitte, am Ausgang, das Smartphone nicht vergessen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false