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Rastlos auf dem Jakobsweg. Die Wandergefährten Stella (Martina Gedeck) und Hape Kerkeling (Devid Striesow).

© Warner

Im Kino: "Ich bin dann mal weg": Hape Kerkeling auf dem Jakobsweg

Devid Striesow spielt Hape Kerkeling in der Verfilmung seines Pilgertagebuchs „Ich bin dann mal weg“.

Sympathischer Typ, der Hape Kerkeling. Warm, witzig, selbstironisch, mollig. Ein Entertainer, der nicht klammert, nicht auf ewig an einer Fernsehshow klebt, sondern ganz privat lebt und weiß, dass es mit dem Medienzirkus mal gut sein muss.

Sympathischer Typ, der Devid Striesow. Spielt gut, wählt die Rollen mit Bedacht und verfügt physisch, dank des rosigen Quadratschädels eines Dithmarscher Kohlbauern, über eine verschmitzte Grundknuffigkeit, die dem Typus Kerkeling entspricht. In diesem Fall verstärkt durch ein paar Säbelbeine, das Striesow in der Rolle des aufs Pilgern verfallenen Entertainers mal schwankenden und mal festen Schrittes über den Jakobsweg trägt. Das ist das in unzähligen Luftaufnahmen karger französischer oder spanischer Landschaften festgehaltene Grundmotiv von „Ich bin dann mal weg“: ein allein auf weiter Flur um Erkenntnis ringender Wanderer auf dem menschenleeren Jakobsweg.

Das war einmal. Spätestens seit Hape Kerkelings hübsch zu lesendes, humoriges und (aller-)weltweises Pilgertagebuch 2006 erschien, ist dort mit der Ruhe Schluss. Etliche der fünf Millionen Deutsche, die den Bestseller kauften, machten sich danach selbst auf den knapp 800 Kilometer langen Weg nach Santiago de Compostela. Dass auf den als „Kerkeling-Effekt“ bezeichneten Run noch eine Verfilmung folgen musste, war so sicher wie das Amen in der Kirche. Mal abgesehen von der Konzentration auf wenige Figuren, ist sie treu an das Buch angelehnt, ruhig und ohne Effekthascherei erzählt und pünktlich zum Christfest herausgebracht. Schließlich geht es um eine als Gottsuche getarnte Selbstfindung.

Martina Gedeck spielt die Spröde mit Herz

Wie sich das gehört, ist der Weg steinig, der unter das riesige Weihrauchfass der Kathedrale von Santiago und damit zur Erleuchtung führt. Der Herr schickt Wolkenbrüche und verwandelt Pyrenäenpfade in Matschwege. Nervige Deutsche wollen Autogramme von dem nach einem körperlichen und seelischen Zusammenbruch Heilung suchenden Fernsehunterhalter. Pilgerinnen, wie die von Martina Gedeck verlässlich als Spröde mit Herz angelegte Stella, mit denen er gern wandern würde, wollen ewig nichts von ihm wissen. Die vom Zweifler in inneren Monologen herbeigesehnte Gottesbegegnung lässt auf sich warten. Da ist es bloß ein Glück, dass der Showmaster nicht auf die verkeimten Pilgerherbergen angewiesen ist. Und Vino Tinto steht abends immer reichlich auf dem Tisch.

Ansonsten ist die mit regelmäßigen Rückblenden in Kerkelings Waisenkindheit (die Katharina Thalbach als kernige „Omma“ Bertha theatralisch dominiert) garnierte Tour von galoppierender Ereignislosigkeit. Auch ein Meditationseffekt stellt sich angesichts der pathosfreien, profanen Bildsprache von Kameramann Felix Poplawsky und des identischen Regiestils von Julia von Heinz nicht ein. Dass der Glaube auch ein Geheimnis sein kann, merkt man diesem Seelenwellnesstrip so selbst im Moment spiritueller Erfüllung nicht an.

Wie soll ein Pilgerweg auch heilig sein, der durch Kerkelings parallel montierten Weg zur ersten Fernsehshow bei Radio Bremen banalisiert wird? Die Sinnsucherweisheiten, die sich im Reisebericht süffig weglesen, offenbaren sich im Film – von Striesow als Erzähler vorgetragen – als die leicht ironischen, allzumenschlichen Plattitüden, die sie sind. Besonders die stereotype „Erkenntnis des Tages“, Hapes allabendlich als Refrain wiederkehrendes Etappenfazit, ist ein Gähner. Nach philosophischen Blüten wie „Pilgern tut weh“, „Auf dem Pfad der Erleuchtung tappe ich immer noch im Dunkeln“ und „Öffne dein Herz und knutsche den Tag“ fehlt beim Zieleinlauf der vom Weg wie vom Leben gezeichneten, unverbrüchlich sympathischen Gladiatoren eigentlich nur noch „Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei“.

"Ich bin dann mal weg" läuft ab Heiligabend in 24 Berliner Kinos.

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