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Der Superhero von Mexiko. Henry Cavill macht als Superman in einer Filmszene Station in Mittelamerika.

© Clay Enos/Warner Brothers

Im Kino: "Batman v Superman": Retter, die die Welt bedeuten

Gut gegen Gut: In Zack Snyders „Batman v Superman: Dawn of Justice“ kämpfen sich zwei Titanen durch eine pessimistische Welt - mit heftigen Kollateralschäden.

Von Jörg Wunder

Der von den Fans herbeigesehnte Kinofight der beiden größten und langlebigsten Ikonen des Superheldengenres, Superman und Batman, musste ja ein Spektakel werden. Und dafür braucht man auch in der realen Welt Superlative. Also wurden unbestätigte Zahlen lanciert, nach denen „Batman v Superman: Dawn of Justice“ der bis dato teuerste Film überhaupt sein könnte. Doch eigentlich ist es egal, ob Regisseur Zack Snyder für den Nachfolger seines Superman-Neustarts „Man of Steel“ 250, 300 oder gar 400 Millionen Dollar verballern durfte. „Dawn of Justice“ reiht sich ein in die Liste superteurer Blockbuster wie „Fluch der Karibik 3“ oder „Spider-Man 3“, bei denen man zwar sieht, was so viel Geld verschlungen hat, sich aber gewünscht hätte, dass ein höherer Budgetanteil in die Entwicklung eines tragfähigen Plots oder in das Schreiben zündender Dialoge geflossen wäre.
Auch bei „Dawn of Justice“ bestehen wenig Zweifel, wohin all die Millionen geflossen sind. Die Schauwerte sind enorm, das CGI-Gewitter ist von bisher ungesehener Heftigkeit. Und natürlich ist auch der titelgebende Zweikampf von titanenhafter Wucht. Dabei ist das erste Aufeinandertreffen der Kombattanten eher ein Witz: Batman rast im Batmobil durchs nächtliche Gotham City. Plötzlich stellt sich ihm Superman in den Weg, an dessen Körper das Gefährt zerschellt. Da mag der Fledermausmann noch so drohend dem Wrack entsteigen: Der Stählerne könnte ihn mit einem Fingerschnippen töten. Oder mit seinem Hitzeblick in Stücke schneiden. Oder ihn in die Stratosphäre schleudern. Oder was einem noch als quasi allmächtiges Überwesen einfallen könnte, um einen Widersacher zu entsorgen. Stattdessen belässt es Superman, der Batmans Selbstjustiz-Kreuzzug stoppen will, bei einer Warnung: „Betrachte es als einen Akt der Gnade“. Doch diese Demütigung braucht es gar nicht mehr, um den dunklen Ritter anzustacheln.

Kollateralschäden sind ein Leitmotiv

Denn Bruce Wayne hat seine eigene Sichtweise auf den Kryptonier gewonnen, wie eine virtuose Rückblende zu Beginn klarstellt. Mit der knüpft Zack Snyder an das Finale von „Man of Steel“ an: Superman rettet die Erde, indem er seinen gleichfalls mit Alienkräften versehenen Gegner tötet. Nur wird das hier nicht als strahlende Heldentat gezeigt, sondern aus der Straßenperspektive des zwischen einstürzenden Wolkenkratzern (die unvermeidliche 9/11-Assoziation) herumirrenden Wayne, der all die Toten und Versehrten sieht, die der fliegende Gladiator nicht retten konnte.

Das Thema collateral damage ist ein Leitmotiv, wird es doch zur Argumentation einer besorgten US-Administrative, die den Weltall-Immigranten gern kontrollieren würde. Einzige Achillesferse von Superman ist Kryptonit, ein Element von seinem Heimatplaneten, das zufällig mit abgestürzten Raumschiffen auf die Erde gelangt ist. Also wird der ränkeschmiedende Industrielle Lex Luthor mit der Entwicklung einer „Silberkugel“ aus jenem für Superman tödlichen Material beauftragt. Doch auch Batman will ans Kryptonit, um Waffengleichheit mit seinem vermeintlichen Feind herzustellen.
Das Personal von „Dawn of Justice“ besteht aus Archetypen. Da ist Superman, ein edler Außerirdischer, der nur Gutes will, aber durch seine jedes menschliche Wertesystem infrage stellende Existenz Böses gebiert und darüber von Selbstzweifeln zernagt wird. Niemand kann seine Stirn so schön in Falten legen wie der Brite Henry Cavill, der seinen Part völlig angemessen mit der Entrücktheit einer antiken Apollostatue verkörpert.

Batman ist Supermans dunkles Spiegelbild

Supermans dunkles Spiegelbild ist Batman. An das Gute glaubt er nicht mehr, er kämpft nur gegen das noch Bösere. Ben Affleck spielt überzeugend einen viel kampflustigeren Batman als Christian Bale in Christopher Nolans gefeierter „Dark Knight“-Trilogie. Im Vagen bleibt jedoch der Mensch hinter der Maske: Außer Kamerafahrten durch seine modernistische Villa (Mies van der Rohes „Farnsworth House“, 1951) erfährt man wenig über das Playboy-Dasein von Bruce Wayne. Auch die sarkastischen One-Liner seines Butlers Alfred (herrlich knarzig: Jeremy Irons) erhellen wenig.
Auch Lex Luthor entfaltet endlich hinreichendes Bedrohungspotenzial: Nach den albernen Luthors von Gene Hackman und Kevin Spacey in früheren Filmen verleiht Jesse Eisenberg dem Superman-Gegenspieler sinistre Durchtriebenheit, die sich hinter der Maske des harmlosen Nerds versteckt – und gar nicht so weit weg von seinem Mark Zuckerberg in „The Social Network“ erscheint. Doch mit Intrigen ist dem Unzerstörbaren nicht beizukommen, weswegen für den mal wieder überlangen Showdown noch ein Super-Homunculus aus dem Hut gezaubert wird, gegen den nur vereinte Heldenkräfte bestehen können.
Vermutlich hätte man auch aus diesem begrenzten Figurentableau und trotz unterkomplexem Plot einen aufregenden Genrefilm konstruieren können. Snyder und sein oscarprämierter Drehbuchautor Chris Terrio („Argo“) scheitern jedoch daran, dürftig verknüpfte Szenen in einen dramaturgischen Flow zu bringen. Der pessimistische Grundton des Films spiegelt sich in der visuellen Umsetzung und wird durch das Soundtrack-Schlachtengetöse von Hans Zimmer und Junkie XL ins Monumentale überhöht. Mit zunehmender Filmdauer (153 Minuten Laufzeit) nervt diese Überwältigungslogik aber.

"Dawn of Justice" wird schon aufgrund des Hypes ein Hit

Anlässlich der konzeptionellen Schwächen von „Dawn of Justice“ stellt sich die Frage, ob der Superheldenfilm generell in einer Sackgasse steckt. Das erfolgreichste Genre der letzten Jahre – schon aufgrund des Hypes dürfte „Dawn of Justice“ ein weiterer Hit werden – hat seinen künstlerischen Zenit vielleicht überschritten. Was die Studios kaum abhalten wird, den Boom so lange wie möglich auszureizen. „Dawn of Justice“ ist mit seinen auf künftige Filme hinweisenden Cliffhangern der Versuch von DC und Warner, dem übermächtigen Konkurrenten Marvel/Disney etwas entgegenzusetzen. Allein der filmübergreifende Erzählstrang des Marvel Cinematic Universe (Iron Man, Avengers etc.) wird bis 2019 durch elf weitere (!) Filme mit immer neuen Helden aufgefächert. Bereits im April startet „Captain America: Civil War“ mit einer vergleichbaren Gut-gegen-Gut-Konstellation, im Herbst geht Benedict Cumberbatch als „Doctor Strange“ für Marvel ins Rennen, was spannend klingt, weil die Vorlage aus den 60ern zu den durchgeknalltesten Comics überhaupt gehört.
Vielleicht ist das ja ein Ausweg aus der Materialschlacht: auf Typen zu setzen, die man nicht so schnell vergisst. Ausgerechnet 20th Century Fox, die 2015 mit „Fantastic Four“ einen der schlimmsten Flops ihrer Firmengeschichte erlebten, ist das gerade mit dem Anarcho-Helden „Deadpool“ gelungen: Mit 60 Millionen Dollar Produktionskosten ein Low-Budget-Superheldenfilm, hat der rotzfreche Streifen über 700 Millionen eingespielt.
Ab Donnerstag in 21 Berliner Kinos. OV: Alhambra, Cinemaxx Potsdamer Platz, Cinestar SonyCenter, Colosseum, Zoo-Palast

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