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Im Bett mit Alice (Ariane Labed): Kapitän Gael (Melvil Poupaud).

© Film Kino Text

Im Kino: "Alice und das Meer" von Lucie Borleteau: Die Seefahrerin

Sie ist die einzige Frau in der Mannschaft: Alice - Hauptfigur im Spielfilmdebüt von Lucie Borleteau - arbeitet als Maschinistin auf einem Frachtschiff. Wie geht Leben, Lieben, Alleinsein auf See?

Das Meer ist weit, das Meer ist blau. Die „Fidelio“, ein in die Jahre gekommenes Frachtschiff, sticht in See. Die Crew besteht aus Männern – und einer Frau: Alice (Ariane Labed). Alice ist Maschinistin und Seefahrerin, und beides ist sie durch und durch: Im Maschinenraum bewegt sie sich wie ein Fisch im Wasser; und wenn die männliche Besatzung gemeinsam Pornos guckt, weiß sie sich mit einem Typen oder sich selbst zu vergnügen, auf sanfte, fast melancholische Weise. Ob Alice dieses Leben will, ist keine Frage, die sie sich in ihrem 30. Lebensjahr noch stellt. Sie beschäftigt, ob so ein unstetes Leben auch unstetes Lieben bedeuten muss.

Ein Mann unterwegs, ein Mann an Land

Alice steht zwischen zwei Männern: Da ist Gaël (Melvil Poupaud), Kapitän der „Fidelio“, in den war sie schon als Kadettin verliebt. Und da ist Félix (Anders Danielsen Lie), der wartet auf dem Festland. Dieser fürs Meer, jener fürs Land – Alice könnte damit gut leben. Félix, der bei ihrem Landgang von der Affäre mit Gaël erfährt, aber nicht.

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Alice findet in ihrer Kajüte das Tagebuch ihres verstorbenen Vorgängers. Der beschrieb seine Verzweiflung, lieben zu wollen, aber nicht zu können und so das Leben in Bedeutungslosigkeit versinken zu sehen. Seine Zeilen helfen Alice, ihre eigene Zerrissenheit zwischen Gaël und Félix neu zu betrachten – das schreibt sie in einem Brief an die Schwester des Verstorbenen. Im weiteren Geschehen aber bekommt diese Reflexion kaum Raum. Auch die Entscheidung, die Alice treffen müsste, bleibt uneindeutig.

Am meisten liebt sie das Meer

„Alice und das Meer“ hätte eine schöne Seefahrerinnengeschichte werden können. Aber Lucie Borleteau wollte in ihrem Kinodebüt zu viele Geschichten erzählen: von einer Frau, die zwei Männer, aber am meisten das Meer liebt, von einer Frau im männlichen Metier und Milieu, vom Mythos der Seefahrt und der industrialisierten Gegenwart. Irrlichternde Metaphern und kulturgeschichtliche Verweise – schon der französische Originaltitel „Fidelio – L’Odyssée d’Alice“ spielt auf Homer und Beethoven an – bringen den Film nur weiter vom Kurs ab. Dagegen hilft der sirenenhafte Meeresblick von Ariane Labed, die auf dem Filmfest Locarno 2014 den Darstellerinnen-Preis erhielt, auch nicht. Dabei hätte die atmosphärisch-dokumentarische Ästhetik eine eigene Kraft entfalten können, in der Welt der Schiffsmaschinen, der Häfen und der unendlichen Nuancierungen des Meeres.

"Alice und das Meer" läuft in Berlin im fsk am Oranienplatz und b-ware! ladenkino (jeweils OmU)

Carolin Haentjes

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