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Versuchung. Christine (Rachel McAdams) und Isabelle (Noomi Rapace). Foto: Ascot Elite

© dpa

Kultur: Ich liebe dich, ich mobbe dich

Zärtlichkeiten und Zickenterror: Brian De Palmas „Passion“ ist ein Vergnügen der absonderlichen Art.

Längst nicht mit jedem Filmemacher verhält es sich, der Vergleich sei gestattet, wie mit einem guten Wein, der über die Jahrzehnte an Reife und Qualität gewinnt. Woody Allen, in dessen kontinuierlichem Output immer wieder eine Perle zu finden ist, mag da eine Ausnahme sein.

Brian De Palma, der der Filmgeschichte Klassiker wie „Scarface“ (1982) oder „Die Unbestechlichen“ (1987) schenkte, hat in den letzten zehn Jahren ein eher durchwachsenes Alterswerk vorgelegt. In „Femme Fatale“ (2002) und „Black Dahlia“ (2006) wandelte er etwas bemüht auf dem Gebiet des Film Noir – und sein Versuch, mit „Redacted“ (2007) in die Debatte um den Irakkrieg einzugreifen, endete nicht nur an den US-Kinokassen mit einem Flop.

Nun hat sich De Palma, wie zuletzt auch Woody Allen, mit „Passion“ ins europäische Förderexil begeben. Gedreht wurde in Berlin mit Finanzspritzen aus Deutschland und Frankreich. Sogar das Drehbuch basiert auf einer europäischen Vorlage, die der französische Thriller „Liebe und Intrigen“ (2010) von Alan Corneau lieferte. Die Story ist in den lichtdurchfluteten Räumen einer internationalen Werbeagentur angesiedelt, deren weibliche Angestellte einen innerbetrieblichen Machtkampf entfachen, in dem vom Mobbing bis zum Mord mit harten Bandagen gekämpft wird. Als Isabelle (Noomi Rapace) einen cleveren Spot für einen Mobiltelefonanbieter entwirft, versucht ihre Vorgesetzte Christine (Rachel McAdams) die Idee gegenüber der Firmenleitung als ihre eigene zu verkaufen. „Du hast Talent – und ich mache das Beste daraus“ konstatiert sie mit einem strahlenden Lipglosslächeln.

Aber nicht nur mit Charisma und Autorität wickelt die Chefin Isabelle um den Finger, sondern auch mit rührseligen Geschichten aus der Kindheit und unzweideutigen erotischen Avancen. De Palma inszeniert den Zickenterror im Büro als sexuell aufgeladenes Ränkespiel, in dem die Damen in knapper Business-Trikotage lasziv umeinanderschnurren, um dann umso erbarmungsloser übereinander herzufallen.

Als künstlerisch aufgeblasene Altherrenfantasie wäre die Sache auf der Erotikthrillerschiene eines TV-Senders gut aufgehoben. Als es zum Mord kommt, die innerbetrieblichen Hierarchiekonflikte in einen Kriminalfall münden, deutsche Polizisten mit teutonischer Effizienz die Indizien am Tatort blitzschnell ausfindig machen und Karoline Herfurth als lesbische Sekretärin genau zur richtigen Zeit mit dem Smartphone die Beweissicherung übernimmt, kommt es zu grandiosen Momenten unfreiwilliger Komik. Die Dialoge („Du wolltest, dass ich komme. Hier bin ich!“) passen zum stocksteifen Inszenierungsstil, der die angestrebte altmeisterliche Eleganz – trotz sauber kadrierter Aufnahmen des Almodóvar-Kameramannes José Luis Alcaine – perfekt verfehlt. Martin Schwickert

Cinemaxx, Colosseum; Originalversion

im Cinestar Sony-Center, OmU im Central

am Hackeschen Markt und im Rollberg

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