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"Gedankenscherz" heißt eine von Gottfried Wilhelm Leibniz inspirierte Versuchsanordnung, die an die Kunstkammer im früheren Schloss erinnern will.

© Staatliche Museen zu Berlin/Jens Ziehe

Humboldt-Forum im Schloss: Probieren geht über präsentieren

Das Berliner Stadtschloss wird nach seinem Wiederaufbau das Humboldt-Forum aufnehmen. Gezeigt werden sollen Schätze aus den außereuropäischen Sammlungen. Wie das gehen könnte, das erkunden die Dahlemer Museen jetzt im Humboldt Lab.

Irgendwo klirrt es gewaltig. Ist da etwa ein Besucher der Ostasiatischen Kunstsammlung einer kostbaren Vase zu nahe gekommen? Nein, das Geräusch kommt aus dem Lautsprecher – kleine Spielerei der Ausstellungsmacherin Nicola Lepp und einer der Beiträge zum Humboldt Lab Dahlem. So heißt die Erprobungsphase der Sammlungen Außereuropäischer Kulturen, die 2019 ins Humboldt-Forum im Schloss umziehen sollen. Zur Beantwortung der Frage, in welcher Form die Schätze künftig präsentiert werden sollen, sind zunächst vor allem Künstler eingeladen, sie sollen den Kuratoren- und Wissenschaftlerblick weiten. Der Ausstellung „Probebühne 1“ sollen bis 2015 pro Jahr zwei weitere folgen; das Projekt wird von der Bundeskulturstiftung mit 4,1 Millionen Euro gefördert.

Nicola Lepp hat neben ihrer Soundinstallation über die Kostbarkeit der Exponate eine große Vitrine mit Gefäßen bestückt. Ihr ist aufgefallen, dass fast 40 Prozent der Dahlemer Exponate Gefäße sind, Teller, Vasen, Schalen, Töpfe. Nun hat sie Typen quer durch die Kontinente sortiert, da steht eine japanische Schale aus dem 17. Jahrhundert neben einer ganz ähnlichen Variante, die man im 19. Jahrhundert in Iran zum Verströmen von wohlriechendem Duft gebrauchte. Für die Staatlichen Museen ist das ein Novum, dass Regionen und Kulturen nicht sauber voneinander getrennt präsentiert werden. Über die Funktion der Gegenstände lässt sich so besser erzählen.

Gegen alle Regeln des Ausstellungsmachens verstößt auch der Architekt Andres Heller. Ausgehend davon, dass ein Objekt viele Geschichten erzählt, hat er Kojen entwickelt, in denen er je ein Objekt präsentiert, mit riesigen Textmengen zur Herkunft, Bedeutung, Funktionsweise und der Frage, wie es in die Sammlung kam. Ein Museum, das sich nur auf diese Weise präsentiert, ist kaum vorstellbar. Aber warum nicht die ein oder andere Box aufstellen, für alle, die intensiv einsteigen wollen? „Lockerungsübungen“, nennt Viola König, Direktorin des Ethnologischen Museums, das Labor-Projekt. Dass die Museumsleute ein Stück Verantwortung abgegeben haben, verdient Respekt.

Sie lassen auch Ideen zu, die vor allem auf Faszination und Verführung setzen. So zaubert der Medienkünstler Theo Eshetu mit Hilfe einer Discokugel einen Sternenhimmel über die polynesischen Boote. Ganz der Begeisterung für Wachszylinderphonographen sind jene Künstler erlegen, die sich das Archiv traditioneller Musik aus dem Ethnologischen Museum vorgenommen haben. Die Walzen und Zahnräder der vor gut 100 Jahren entstandenen Apparate werfen zauberhaft bewegte Schatten in einen Raum, während man alten, fremden Gesängen lauscht.

Ein Entree haben sich die deutsche Konzeptkünstlerin Karin Sander und die Architekten Barbara Holzer und Tristan Kobler ausgedacht: Anstatt seinen Mantel abzugeben, kann der Besucher ihn in eine Vitrine hängen, als Schauobjekt. Die Idee: Hinter jedem Exponat steckt ein Mensch. Sander und Co. hätten deutlich gemacht, wie wichtig es sei, welchen Empfang man den Besuchern bereite, sagt König. Aber versteht sich das nicht von selbst?

„Das Humboldt-Lab soll Resultate liefern“, sagt Martin Heller, der auch mit der Entwicklung der Agora im Humboldt-Forum betraut ist. Was ist sinnvoll und realisierbar? Angedacht sind Publikumsbefragungen und Beobachtungen, wie Besucher reagieren. Dem Aufsichtspersonal gefällt der akustische Scherbenhaufen schon mal sehr gut. Anna Pataczek

bis 12.5., Di-Fr 10-18 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr

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