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Verbindet High und Low. Museumsdirektor Max Hollein.

© dpa/B. Roessler

Hommage für Max Hollein in der Adenauer-Stiftung: Das Erfolgsrezept lautet „Energie, Ausdauer und ein gewisser Spieltrieb“

Der Wiener Direktor des Metropolitan Museum in New York ist ein Tausendsassa. In Berlin hielt er nun eine fulminante Rede auf die Funktion der Museen.

So hätte man die Angelegenheit in Berlin vermutlich nicht gesehen: Für Max Hollein, den Direktor des Metropolitan in New York, aber war es eine „Auszeichnung“, dass sich die Künstlerin Nan Goldin ausgerechnet sein Museum für den öffentlichkeitswirksamen Protest gegen die Sacklers ausgesucht hatte. Im Met trägt ein Flügel den Namen der Mäzenatenfamilie, deren Pharma-Unternehmen als verantwortlich für die Opioid-Krise in den USA gilt und in die Kritik geraten ist. Seit letztem Jahr ist der Trakt umbenannt.

Mit diesem Beispiel gab Max Hollein in seiner Dankesrede eine Vorstellung von seiner Idee eines Museums als Plattform für gesellschaftliche Auseinandersetzungen. Zugleich wurde anschaulich, warum er als Kulturmanager international eine Ausnahmeerscheinung ist und die Auszeichnung der Konrad-Adenauer-Stiftung verdient hat. Seit einem Vierteljahrhundert ehrt die CDU-nahe Stiftung einmal im Jahr herausragende Protagonisten des Kulturbetriebs mit einem besonderen Abend, dazu einer Adenauer-Büste.

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Der Charme der Veranstaltungen aber besteht jedes Mal in der Mischung aus launigen Laudationes und einem Begleitprogramm, das auf den jeweils Geehrten zugeschnitten ist. Für Hollein, den Equilibristen zwischen High und Low, waren es die „Sechs Metamorphosen nach Ovid“ von Benjamin Britten, gespielt von dem Oboisten Andreas Wittmann, und die von Kathleen Morgeneyer vorgetragenen Lautgedichte Ernst Jandls. Text und Ton gehen bei Musik- wie Lyrikvortrag jeweils eine neue Verbindung ein, die Gattungen mischen sich, wie es auch Holleins Credo ist.

Seinen Höhepunkt aber hatte der Abend mit der Rede des international begehrten Museumsmannes, den Monika Grütters als Kulturstaatsministerin zwei Mal vergeblich nach Berlin zu locken versucht hatte, wie sie in ihrer Laudatio eingestand. Weder die Stiftung Preußischer Kulturbesitz noch das Humboldt Forum boten ihm genügend Veränderungspotenzial. Sie konnten den gebürtigen Wiener nicht reizen, der mit österreichischem Schmäh als Replik erklärte: „Hätte ich vorher gewusst, wie nett es hier in Berlin ist, ich wäre gekommen.“ Die Lacher waren auf seiner Seite.

Museen reflektieren die Verfassung der Gesellschaft

Doch dann gab es eine Lektion, von der man sich wünschte, dass sie auch andere Direktor:innen gehört hätten. Museen seien der Spiegel der Gesellschaft – verantwortlich für die Vergangenheit und wie diese in der Zukunft interpretiert wird, sagte Hollein. „Sie müssen eine Haltung einnehmen, es gibt keine Neutralität.“ Museen reflektierten die Verfassung einer Gesellschaft, führte er weiter aus, um als selbstkritische Fragen hinterher zu schicken: Wie repräsentativ sind wir? Integrieren wir tatsächlich verschiedene Gesellschaften? Oder sind wir selbst Produkt eines latenten Nationalismus?

In seiner Dankesrede sang Hollein das neue Hohelied der Museen als Ort, an dem gesellschaftliche Debatten fundiert und nicht polemisch verhandelt werden können. Aus dem Alltag in den USA weiß er nur zu genau, wie wichtig multiple Perspektiven sind. Museen seien populär wie nie zuvor, so Hollein, sie stünden mittlerweile im Zentrum gesellschaftlicher Bedeutung. „Das treibt mich an“, sagte der 52-Jährige und erklärte, die Auszeichnung der Stiftung auch für die Kulturinstitution Museum entgegenzunehmen.

Schade, dass Hollein an Berlin vorbeigezogen ist

„Energie, Ausdauer und ein gewisser Spieltrieb“, hat Hollein einmal als seine Erfolgsformel genannt. Als Praktikant am Guggenheim legte er eine Blitzkarriere hin und machte dann Städel, Schirn und Liebieghaus in Frankfurt am Main zu Anziehungspunkten. Der Wechsel erst ans Fine Arts Museum in San Francisco und 2016 dann ans Metropolitan Museum folgten als logische nächste Schritte. Berlin als Zwischenstation war in diesem Plan nicht vorgesehen. Nach dem Abend in der Adenauer-Stiftung dürfen sich die Berliner noch ein bisschen mehr grämen.

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