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Beredter Behälter. Das Maya-Gefäß, mit Kriegsszenen bemalt, entstand in der Zeit 700 bis 900 n.Chr.

© Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum/Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, digitale Reproduktion Jester Blank

Highlights für das Humboldt Forum: Die Kraft der Krieger

Solch ein Gefäß nahmen Maya-Kämpfer mit in die Schlacht. Nikolai Grube erklärt die reiche Bemalung – und warum Kakao darin war.

Kakao hatte für die Maya etwa die gleiche Bedeutung wie für uns Champagner: Es war ein Getränk, das man zu feierlichen Anlässen genoss, es war teuer und daher auch nur dem Adel vorbehalten. Die Kakaobohnen galten als kostbar, weil der Kakaobaum eine sehr empfindliche Pflanze ist, die nur auf tiefen und fruchtbaren Böden gedeiht, dabei aber auch konstante Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit und viel Schatten benötigt. Der Konsum von Kakao galt als Luxus, und die Kakaobohnen waren so begehrt, dass sie – zumindest in den letzten Jahrhunderten vor der spanischen Eroberung – als eine Art Währung dienten.

Die Maya reichten die mit Wasser, Maismasse und Kakao angerührten Getränke bei Ritualen und Banketten, bei denen große tönerne Trinkgefäße von Mund zu Mund gingen. Solche Kakaogefäße, eins wird von Ende 2019 an im Humboldt Forum zu sehen sein, waren bemalt und galten als so erlesen, dass Könige und vornehme Mitglieder des Hofstaats sie oft sogar mit ins Grab nahmen.Viele dieser exquisiten bemalten Keramiken sind von Archäologen bei wissenschaftlichen Ausgrabungsprojekten als Beigaben in Gräbern von Angehörigen des Maya-Adels gefunden worden. Die noch größere Anzahl bemalter Kakaogefäße wurde allerdings von Grabräubern ausgegraben und gelangte so auf den Kunstmarkt, in die Hände von Sammlern und Museen.

Herkunft des „Berliner Kriegsgefäßes“ ist ungewiss

Da Grabräuber keine Angaben über die Fundorte der Stücke machen, wissen wir in diesen Fällen nicht genau, aus welchem Teil der Maya-Welt ein solches Artefakt kommt. Auch die Herkunft dieses so genannten Berliner Kriegsgefäßes ist unbekannt. Es wird so genannt wegen der szenischen Darstellung eines bewaffneten Kampfes auf seiner Außenseite. Das Gefäß gehört zu einer Gruppe von mindestens sechs Keramiken aus der späten Blütezeit der Maya-Kultur um 700-900 nach Christus, die aufgrund ihres Malstils, aber auch der Kalligraphie der Hieroglyphentexte ganz sicher in der gleichen Töpferwerkstatt angefertigt wurden. Nur von einer Keramik aus dieser Gruppe, die sich heute im Britischen Museum befindet, berichtet der Berliner Altamerikanist Eduard Seler, dass sie im Jahr 1904 einem in Guatemala lebenden Deutschen „(…) von den Aeltesten des Dorfes Nebaj in Guatemala in sehr zärimonieller Weise als Zeichen ganz besonderer Hochachtung über reicht worden sei“. Aufgrund dieser Angabe nimmt man für die Gefäße dieses Stils an, dass sie ursprünglich aus dem nördlichen Hochland von Guatemala stammen.

Ein Band aus 18 Hieroglyphen

Die Bemalung des Kakaogefäßes hält mit viel Gefühl für Details einen dramatischen Moment eines Kriegszugs fest. Zwölf reich bekleidete Krieger sind auf die Außenwand gemalt; außer einer Person tragen alle gefiederte Speere oder steinerne Äxte als Waffen. Ihre Kleidung besteht aus kurzärmligen Hemden und Lendenschurzen. Diese Ausstattung wird ergänzt durch einen reichen Kopfschmuck. Der Höhepunkt der Szene ist auch zugleich der Ort, auf den die meisten der Protagonisten blicken, die Ergreifung eines Gefangenen mit schwarzem Hemd. Er wird von einem bärtigen Krieger mit einem Tierkopf als Kopfputz am Haar gepackt. Zwischen beiden befindet sich ein Text aus sechs Hieroglyphen, der mit roter Farbe hervorgehoben ist und welcher die Namen des Ergreifers und des Gefangenen benennt.

Auch um den oberen Gefäßrand läuft ein Band aus 18 Hieroglyphen. Die ersten acht gehören zu einer für Keramiken typischen Weiheformel. Sie endet mit der Angabe der Bestimmung des Gefäßes „für Kakao vom Baum des Überflusses“. Danach folgen die Namen und Titel des adligen Besitzers „Der Mann aus Kunal, der Gefangene gemacht hat, aus der Familie der aus dem Berg Geborenen“.

Sein Name erscheint auch auf zwei anderen Keramiken aus der gleichen Werkstatt. Auf beiden ist er als auf dem Thron sitzender Herrscher dargestellt, dem Geschenke übergeben werden. Unter den Geschenken befindet sich auch einer der Gefangenen des Berliner Kakaogefäßes. Damit wird deutlich, dass es auch eine inhaltliche Verbindung zwischen diesen Keramiken gibt: Der dem Herrscher präsentierte Gefangene ist auf dem Kriegszug ergriffen worden, der auf der Berliner Kriegsvase festgehalten ist. Der Herrscher hat wahrscheinlich die Keramiken anfertigen lassen, um den für ihn wichtigen Triumph zu feiern.

Der Autor ist Professor für Altamerikanistik an der Universität Bonn.

„Kakao macht den Kopf klar und berührt das Herz“

Ein Gefangener im schwarzen Hemd wird abgeführt.
Ein Gefangener im schwarzen Hemd wird abgeführt.

© Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum/Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, digitale Reproduktion Jester Blank

Christine Dohler, Meditationstrainerin

Christine Dohler bietet ihre Kakao-Rituale mehrmals im Jahr in Hamburg an.

Beim Anblick der Vase hatte ich sofort den Gedanken: Das ist etwas Kriegerisches, Männliches. Aber die Farben gefallen mir – schöne warme Erdtöne, die wiederum Weiblichkeit ausstrahlen. Als Meditationstrainerin biete ich seit einigen Jahren Kakao-Zeremonien an. Die haben regen Zulauf, das Interesse nimmt zu, vor allem in den Großstädten. Kennengelernt habe ich diese Rituale rein zufällig in Reykjavik auf Island. Das war sehr speziell und interessant. Später bin ich dann nach Guatemala gereist und habe mir angeschaut, wo und wie Kakaopflanzen wachsen.

Bei den Zeremonien trinkt man nicht den veredelten Kakao, sondern den rohen, ungerösteten. Jede einzelne Bohne wird in Guatemala per Hand geschält. Dieser Kakao trägt kein Siegel, ist aber fair gehandelt und natürlich Bio. Er schmeckt schon etwas bitter, aber man darf sich Honig reintun, Zimt oder Kardamom. Die Wirkung bleibt: Der Kakao macht den Kopf klar und berührt das Herz. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen bei meinen „Cacao-Ritual“ öffnen sich und sprechen über Dinge, die sie sonst nicht einfach so erzählen. Das ist so wie früher am Lagerfeuer.

Kakao weckt auch Erinnerungen an die Kindheit, wie Schokolade. Aber wenn man die isst, hat man gleich ein schlechtes Gewissen; da ist ja so viel Zucker drin. Bei Kakao überwiegt das wohlige Gefühl. Das Getränk hat einen energetischen Effekt, man bekommt viele Ideen. Das ist vielleicht auch der Grund, warum ihn bei den Maya vor allem die politischen Führer getrunken haben.

Birgitt Claus, Museumsgastronomin

Birgitt Claus gründete 1998 in Berlin ihr Unternehmen eßkultur. Sie bietet Schokoladenkurse an und führt unter anderem das Zitronencafè im Körnerpark.

Diese Art Vasen kenne ich gut, sie standen ja früher im Ethnologischen Museum in Dahlem. Die Maya nutzten die Behälter für Kakao, aber der war anders als wir ihn heute kennen. Er hatte auch eher eine rote Farbe. Wenn der Hohe Priester den Kakao auskippte, schäumte das Getränk. Ich habe mir extra Holzquirle besorgt, um diesen Schaum beim Kakao zu erzeugen. Die Maya mochten auch scharfe Schokoladensaucen zum Fleisch. In der Mole Poblano, dem Nationalgericht Mexikos, stecken 75 Zutaten. Wir können heute natürlich nicht mehr die ursprünglichen Rezepte aus dem 15. Jahrhundert verwenden, aber wir modifizieren sie auf kreative Art. Unsere Schokoladensauce passt zum Beispiel gut zu Truthahn; der ist gerade wieder angesagt. Früher wären Europäer nicht auf die Idee gekommen, Kakao zu trinken. Der war viel zu bitter. Die Azteken haben die Kakaobohnen wie Geld benutzt. So wurden die Europäer auf den Wert des Rohstoffs aufmerksam.

Birgitt Claus gründete 1998 in Berlin ihr Unternehmen eßkultur. Sie bietet Schokoladenkurse an und führt unter anderem das Zitronencafè im Körnerpark.

Protokolliert von Hella Kaiser.

Die nächsten Termine

Die Kriegsvase ist derzeit im Neuen Museum auf der Museumsinsel zu sehen, zukünftig in den Museen im zweiten Obergeschoss des Humboldt Forums. Sie ist auch Gegenstand des nächsten Gesprächs zu den

Humboldt Forum Highlights: Gespräch im Podewil.

Erlebt – Erzählt – Behauptet
18. Februar 2019, 19.30 Uhr

Podewil – Zentrum für aktuelle Künste

Klosterstraße 68, 10179 Berlin

Wie wurden früher Geschichten weitergeben? Welche Möglichkeiten des Erzählens von Wahrheit gibt es heute? Und wie werden Ereignisse als Wahrheit interpretiert? Ausgehend von zwei Humboldt Forum Highlights – der Kriegsvase der Maya und einer Statue des Kurfürsten Friedrich III. – sprechen Expertinnen und Experten über Methoden und Halbwertszeiten der Geschichtserzählung – von der mündlichen Überlieferung bis zum Tweet.

Auftrag – Kunst – Freiheit
21. März, 19.30 Uhr, ESMT Berlin

European School of Management and Technology, Auditorium Maximum, Schloßplatz 1, 10178 Berlin

Mehr zu allen Highlight-Objekten und Veranstaltungen im Internet unter humboldtforum.com/highlights

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