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Multitalent. Herbert Achternbusch beim Filmfest München 2015.

© Felix Hörhager/dpa

Herbert Achternbusch zum 80.: Das Achternbusch-Gefühl

Filmemacher, Autor, Maler, Grantler, Ur-Bayer - für manche auch der Antichrist: Herbert Achternbusch ist ein Multitalent mit Hang zum Absurden. Heute wird er 80 Jahre alt. Eine Gratulation.

Die deutsche Kulturgeschichte verdankt ihm diesen Moment, in dem er als Christus vom Kreuz steigt und später mit einer Nonne baden geht. Blasphemie war das damals, 1982, eine Riesenaufregung. Weil dieser Christus zum Beispiel neugierig nach dem Unterleib der Oberin fragt. Es folgten Proteste der katholischen Kirche und der Kinogänger vor oder in den Lichtspieltheatern, dazu Verbote, auch in Österreich. Die Empörung um „Das Gespenst“ gipfelte darin, dass Herbert Achternbusch seine Filmpreisgelder nicht bekam, jedenfalls teilweise nicht, weil Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann sich echauffierte. Achternbusch musste sie sich vor Gericht erstreiten.

Herbert Achternbusch, Filmemacher, Schauspieler, Maler, Dramatiker, Schriftsteller – der Thomas Bernhard von Süddeutschland und sowieso der Nachfahre von Karl Valentin. Der notorische Grantler, Anarchist und Ur-Bayer formulierte den berühmten Satz „In Bayern mag ich nicht einmal gestorben sein“, den der dortige Innenminister eine „Sauerei“ nannte. Den Antichristen sahen sie in ihm, beschimpften seine Schwarz-Weiß-Posse als nihilistisch. Schaut man sich „Das Gespenst“ heute an, nimmt man eher den volkstümlichen Schwank wahr, derbes, melancholisches Laientheater – das gleichwohl inkommensurabel geblieben ist.

Ein Dutzend Filme, 40 Bücher, ein Oeuvre rätselhafter Gemälde

Achternbusch, geboren in München, aufgewachsen im Bayerischen Wald und längst wieder wohnhaft in München, wird 80 an diesem Freitag. Er hat sich schon länger aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Obwohl er, anders als Bernhard, immer ein Eigenbrötler mit Freunden gewesen ist, ein Wirtshausgänger, ein Teamworker hinter der Kamera. Zu schade, dass er nicht mehr dreht oder bei Festivals auftritt. Seine Unverblümtheit fehlt, die Kulturbetriebsverweigerungshaltung, dieser so bajuwarisch-gemütlich klingende und deshalb schnell unterschätzte Trotz, das sture Festhalten am eigenen Ton, am eigenen Ding, am Dagegensein.

Achternbuschs Werkbiografie umfasst über zwei Dutzend Filme, 40 Bücher, das bekannteste „Die Alexanderschlacht“ von 1971, 20 teils sehr erfolgreiche Theaterstücke („Ella“) und sein Oeuvre als Bildender Künstler, oft riesige, wilde, rätselhafte Gemälde. Der gute Geschmack? Handwerk? Ordnung? Logik? Nicht mal ignorieren, mag er sich immer gedacht haben. Nach seinem Leinwanddebüt „Das Andechser Gefühl“ (1974) drehte der Autorenfilmer der ersten Stunde Grotesken wie „Der junge Mönch“ (eine Atombombe fällt auf Bayern), „Das letzte Loch“ (ein Holocaust-Gedenkbesäufnis: für jeden ermordeten Juden einen Schnaps) und „Der Depp“ (Franz Josef Strauß wird im Hofbräuhaus vergiftet). Absurde Stoffe für eine absurde Welt. Sein vorerst letzter, „Das Klatschen der einen Hand“, datiert von 2002.

Es ist still geworden um Achternbusch. In München feiern sie ihn trotzdem, mit einer Hommage im Filmmuseum und einer Ausstellung am Lenbachplatz. Gut so. Und Glückwunsch aus Berlin!

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